Der brasilianische Menschenrechtler Marcelo Freixo und der Polizeikommissar Vinícius George suchen auf einer Reise durch Deutschland, die Niederlande, Belgien, Frankreich, Italien und Spanien internationale Unterstützung für die Bekämpfung der Milizen in Rio de Janeiro. „Mit den Milizen in Rio de Janeiro verfügt das organisierte Verbrechen in Brasilien das erste Mal über einen direkten politischen Flügel.“, sagte Marcelo Freixo während einer Veranstaltung in Berlin am 18. September. „Die Milizen haben das Profil einer Mafia. Im Stadtteil Campo Grande haben wir den Fall zweier Brüder untersucht, die beide Polizeioffiziere und Führer der lokalen Milizen waren. 2004 und 2006 haben sie sich in kommunale politische Ämter wählen lassen. Das heißt, sie kontrollierten nicht nur das organisierte Verbrechen und die Polizei, die dieses eigentlich bekämpfen müsste, sondern auch, wer in Campo Grande Direktor des örtlichen Krankenhauses oder der Schule wurde. Beide mussten nach dem Erscheinen des Berichts der parlamentarischen Kommission ihre Ämter niederlegen, verloren ihre Immunität als Abgeordnete und wurden verhaftet.“
Die „milícias“ haben in Rio de Janeiro bereits in rund 200 Stadtvierteln und Favelas die bisherigen Machtstrukturen verdrängt, erpressen Schutzgelder, üben Gewalt aus und begehen Morde. Sie bestehen vor allem aus ehemaligen und aktiven Polizisten, Soldaten, Gefängniswärtern und Feuerwehrleuten.
Marcelo Freixo, Mitgründer der ASW-Partnerorganisation Justiça Global, und Vinícius George nahmen 2008 an einer Untersuchungskommission des Abgeordnetenhauses von Rio de Janeiro zu den gesetzeswidrigen Aktivitäten der „milícias“ teil. Der im Dezember 2008 vorgelegte Bericht der Kommission nennt 58 konkrete Vorschläge, mit denen die Milizen in Rio de Janeiro wirksam bekämpft werden könnten: von der Schaffung neuer Gesetze bis zur Entwaffnung der Feuerwehr.
Obwohl die Untersuchungskommission große Erfolge erzielt hat - so ging in den von Milizen kontrollierten Gebieten die Mordrate um 40% zurück, nachdem 70 der 225 angezeigten Milizenführer verhaftet wurden - sind die meisten dieser Vorschläge noch nicht umgesetzt. In Gesprächen mit Aktivisten und Menschenrechtsbeauftragten verschiedener europäischer Regierungen werben Marcelo Freixo und Vinícius George jetzt für mehr internationales Engagement, um die Verflechtungen zwischen Polizei, Politik und Verbrechen in Rio de Janeiro zu durchbrechen.
Marcelo Freixo, Vinícius George und weitere 15 Mitglieder der parlamentarischen Kommission zu Milizen erhielten seit Erscheinen des Berichts und der anschließenden Verhaftungen Morddrohungen. Erst nach einer Eilaktion von amnesty international stehen sie seit Mai 2009 unter verstärktem Polizeischutz. Ihre Europareise wird ebenfalls von amnesty international organisiert.
Weitere Informationen zu dem Bericht über Milizen und der Arbeit der ASW-Partnerorganisation Justiça Global: