In dem erst vor einem Jahr eingerichteten Regenwaldreservat „Médio Xingu“ soll entlang des Xingu-Flusses das zweitgrößte Wasserkraftwerk Brasiliens entstehen. Der Bau des bereits 1975 geplanten Wasserkraftwerks Belo Monte wurde nach öffentlichen Protesten bereits mehrfach ausgesetzt, zuletzt 1989. Die Regierung Lula scheint jetzt aber entschlossen zu sein, dieses Projekt um jeden Preis umzusetzen - allen sozialen Protesten, ökologischen und wirtschaftlichen Bedenken zum Trotz. Der Zuschlag des öffentlichen Auftrages für den Bau der Staustufen und des Kraftwerks soll am 21.12.2009 erteilt werden - obwohl die notwendigen Unbedenklichkeitserklärungen der brasilianischen Umweltbehörde IBAMA noch nicht vorliegen.
Die ASW-Projektpartner FVPP (Stiftung Leben Produzieren und Schützen) und die Vereinigung der Flussanwohner haben sich in den letzten Jahren intensiv für ein nachhaltiges Entwicklungsmodell am Xingu-Fluss engagiert. Durch die Einrichtung des Sammelreservats „Médio Xingu“, soll die traditionelle Lebensweise der dort lebenden Menschen unterstützt und gleichzeitig der massive Holzschlag wie die Rodungen für Rinderfarmen in dem Gebiet beendet werden.
Der Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte lässt jetzt aber Umweltzerstörungen und soziale Konflikte größten Ausmaßes erwarten. Rund 40 Kilometer von der Stadt Altamira entfernt werden zwei Kanäle gebaut, deren Aushub dem des Panama-Kanals entspricht. Umweltschützer und Wissenschaftler kritisieren insbesondere, dass die Kapazitätsberechnungen des Kraftwerks viel zu hoch seien. Da der Xingu-Fluss in der Trockenzeit sehr wenig Wasser führt, könne das Kraftwerk während mehrerer Monate viel weniger Strom produzieren als berechnet. Aus dem gleichen Grund wird die Austrocknung des Flusses unterhalb der Staumauer befürchtet, was schwere ökologische und soziale Folgen hätte. Zudem betreffen die für den Bau erforderlichen Umsiedlungen mindestens 5.000 Menschen, während die offiziellen Berechnungen nur von 2.822 Betroffenen ausgehen.
„Der Rio Xingu muss so bleiben wie er ist. Wir leben vom Fischfang und von der Jagd. Ich verteidige die Nahrung meines Volkes. Ihr sollt mein Volk respektierten!“, forderte der Kayapó-Führer Raoni während eines Konzerts des britischen Sängers Sting, der wie 1989 den Protest gegen Belo Monte unterstützt. In einem offenen Brief an Präsident Lula hatten Anfang November fast 300 Vertreter indigener Völker der Region „kriegerische Aktionen“ gegen das Wasserkraftwerk angekündigt.
Wie das Landesgericht in Altamira am 10.11.2009 offiziell feststellte, sind die betroffenen indigenen Gemeinden bisher nicht ausreichend in den Planungsprozess einbezogen worden. Stärkere internationale Unterstützung gegen den Bau von Belo Monte werden die sozialen Bewegungen auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009 suchen - vielleicht die letzte Hoffnung für die Region.