70 Jahre Indien: Prominente Expolitiker wenden sich gegen Autoritarismus und Lynchjustiz

29.06.2017 · 10:52 Uhr

Wie in vielen anderen Ländern der Welt bedroht auch in Indien ein neuer Autoritarismus und Nationalismus die Gesellschaft und höhlt die Werte der 70 jährigen Republik aus. Das befürchtet eine Gruppe indischer Ex-Politiker, hoher Beamter und Kulturfunktionäre, die am 14. Juni mit einem offenen Brief in die Medien gingen.

Die 65 Prominenten, unter ihnen ehemalige Staatssekretäre und der erst 2016 ausgeschiedene Chef der größten öffentlichen Rundfunkanstalt Jawhar Sircar fordern den Staat auf, gegen Intoleranz und Gewalt vorzugehen. Bürgerwehren, religiöse Anfeindung und Einschüchterung von Gegnern dürften nicht geduldet werden. "Wir müssen uns auf den Geist der indischen Verfassung besinnen und diesen verteidigen“, so die besorgten Briefautoren. Die indischen Werte vertragen sich nicht mit der wachsenden Intoleranz, deren Opfer vor allem die moslemische Minorität und die Dalits sind. Das Klima der Intoleranz fördere auch Gewaltexzesse und Lynchmorde. Die Autoren erwähnen den Fall des moslemischen Milchbauern Pehlu Khan, der im April von einem Mob erschlagen wurde, während er zwei Kühe zu seiner kleinen Milchfarm transportieren wollte.

Auch der Umgang des Staates mit Nichtregierungsorganisationen und Gruppen der Zivilgesellschaft beunruhigt die Autoren. Immer mehr von ihnen werden in ihrer Arbeit behindert mit der Begründung, sie hätten Bestimmungen eines Gesetzes, das die Finanzierung aus dem Ausland regelt (Foreign Contributions Regulation Act, FCRA) oder der Steuergesetze verletzt. "Wenn hier wirkliche Regelverstöße vorliegen, halten wir eine Bestrafung für richtig. Mit Bestürzung stellen wir aber fest, dass gerade jene Gruppen Schwierigkeiten bekommen, die sich gegen die Regierungspolitik positioniert haben oder die Gemeinschaften bei Klagen gegen Staatshandeln unterstützen“, so die besorgten Verfassungspatrioten.