Indien erfasst zu wenig Corona-Tote

23.09.2020 · 17:17 Uhr

Lange schien in Indien die Sterblichkeit durch Covid-19 vergleichsweise gering zu sein. In einem Interview für THE WIRE hat ein indischer Wissenschaftler nun auf Lücken in der Erfassung der Covid-19-Toten hingewiesen. Faktisch hätten damit alle Nachbarländer Indiens sowie andere weiter entfernte Länder wie Thailand, die Philippinen, Malaysia und Indonesien geringere Sterblichkeitsraten.

Aufklärungsplakat zu Covid-19

Aufklärungsplakat zu Covid-19

Aus Sicht von Anand Krishnan, Professor für Community Medicine am All India Institute of Medical Sciences in Jodhpur gibt es mehrere Gründe, warum Indiens offizielle Covid-19-Todesrate eine Unterschätzung sei.

Erstens, so der Professor, ist das Mortalitätsüberwachungssystem des Landes schwach. Nur 86 Prozent der Todesfälle werden registriert. In einigen bevölkerungsreichen Staaten ist der Prozentsatz sogar noch niedriger. In Uttar Pradesh beispielsweise liegt er bei 61 Prozent, in Jharkhand bei 55 und in Bihar sogar bei nur 35 Prozent.

Zweitens werden nur 22 Prozent der Todesfälle von einem Arzt bescheinigt, und auch hier ist der Prozentsatz in mehreren Staaten sehr viel niedriger. In Madhya Pradesh liegt er bei 7,4 Prozent, in Uttar Pradesh bei 5, in Jharkhand bei 2,6 und in Bihar bei 2,4 Prozent. In diesen Bundesstaaten gibt es also in über 90 Prozent der Todesfälle keinen Arzt, der die Todesursache feststellt und bescheinigt.

Zum Interview: