10 Jahre UN-Deklaration zu Indigenenrechten – Landraub ist heute Hauptproblem

14.08.2017 · 11:25 Uhr

Am 9. August beging die Welt den internationalen Tag der indigenen Völker. Aber eine Dekade nach der historischen Erklärung der Indigenenrechte durch die UNO gibt es nicht viel zu feiern: Noch immer werden indigene Menschen weltweit diskriminiert und haben einen schlechteren Zugang zu Bildung und Gesundheitsleistungen als die Mehrheitsbevölkerung. Entsprechend höher ist ihre Armut und kürzer ihre Lebenserwartung.

Aufgrund des zunehmenden Landhungers von Investoren, agrarindustriellen Akteuren und der Rohstoffindustrie werden auch die indigenen Landrechte immer weniger respektiert. Insgesamt erfahren indigene Gruppen schlimmere Rechtsverletzungen als noch vor 10 Jahren. Außerdem häufen sich tödliche Angriffe auf Indigene und auf MenschenrechtsaktivistInnen. Allein 2016 sollen in 25 Ländern 281 Menschenrechtsverteidiger ermordet worden sein – die Hälfte von ihnen hatten mit Landrechten, Indigenenrechten und Umwelt zu tun. Rund 40 Prozent von ihnen waren selbst Indigene.

Gerade in unserem Projektland Brasilien sind solche Morde und Gewalttaten schon Alltag. Seitdem die neue Rechtsregierung Brasiliens begonnen hat, die ohnehin starke Agrarindustrie noch mehr zu stärken und sogar das Ministerium für die kleinbäuerliche Landwirtschaft abgeschafft hat, entsteht ein Klima, in dem Gewalt gegen die schwächsten Teile der Bevölkerung gedeiht. Indigene, die oft auf ressourcenreichem Land siedeln, werden dabei vor allem als Hindernis für die Umsetzung von Agrar- oder von Rohstoffprojekten betrachtet.

Von der zunehmenden Brutalität der Akteure zeugt auch ein Fall, von dem uns brasilianische Partner aus Amazonien kürzlich berichtet haben. Am 30. April 2017 überfielen Dutzende mit Pistolen und Hackmessern bewaffnete Personen ein Lager der indigenen Gamela im Bundesstaat Maranhão. Einem Indigenen hackten sie sogar die Hände ab. 13 Mitglieder der Gamela wurden mit Schnitt- und Schussverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Hintergrund war auch hier ein Landkonflikt. Etwa 400 Familien der Gamela mit 2.000 bis 2.500 Personen fordern die Demarkierung und Rückgabe ihres angestammten Territoriums. Trotz rechtlicher Anerkennung seit den 1970er Jahren wurden ihnen ca. 14.000 Hektar Land von Landspekulanten und Großgrundbesitzern weggenommen und in Sojamonokulturen und Rinderweiden umgewandelt.

Welche Folgen solche Ereignisse haben werden, ist noch ungewiss. Mit Sicherheit wird es für Brasiliens Indigenenvertreter nicht leichter, die Rechte ihrer Gemeinschaften zu verteidigen. Unsere Partnerorganisationen signalisieren uns zu jeder Gelegenheit, dass sie in ihrem Kampf nicht nachlassen werden. Wir als ASW werden sie so gut wir können dabei unterstützen.