Indiens arme Bevölkerung: Staatliche Leistungen nur gegen Schmiergelder

08.08.2008 · 01:00 Uhr

Eine Studie der indischen Sektion von Transparency International (TII) deckt auf, dass arme Inder nur gegen Schmiergelder staatliche Leistungen erhalten, die ihnen vom Gesetz her zustehen. Der Untersuchungszeitraum war November 2007 bis Januar 2008 - korrupte Beamte heimsten in diesem Vierteljahr neun Milliarden Rupien (ca 150 Millionen Euro) von den sozial schwächsten Gruppen Indiens ein.

 

Erstmals hat damit Transparency International den Einfluss von Korruption auf das Leben armer Menschen untersucht. Zu den gesetzlichen Programmen, bei denen Bestechungsgelder geflossen sind, gehören das öffentliche Nahrungsmittelverteilungsprogramm sowie das National Rural Employment Guarantee Scheme (NREGS), das jedem armen ländlichen Haushalt 100 Tage bezahlter Arbeit im Jahr garantiert. Auch für den Zugang zu Schulen, Elektrizität und Wasser sowie für Waldnutzungsrechte, Behausung, amtliche Eintragungen bei Land und für Polizeidienste mussten Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, in die Tasche greifen. Sogar die eigentlich kostenfreie Aufnahme in ein Krankenhaus und die ärztliche Grundversorgung war für vier Millionen von armen Haushalten nur gegen Bares zu haben.

 

Die Polizei erwies sich als die korrupteste staatliche Einrichtung. Zweien von fünf Leuten, die sich an die Polizei wandten, wurde nur gegen ein Bestechungsgeld geholfen. Auf Platz zwei auf der Korruptionsskala stehen die für Grundbucheintragungen zuständigen Stellen.

 

Am wenigsten korrupt zeigte sich das Schulwesen. Aber auch hier wurden von Menschen unter der Armutsgrenze im Untersuchungszeitraum 120 Millionen Rupien (2 Mio €) Schmiergelder bezahlt.

 

„Üblicherweise wird über Korruption nur gesprochen, wenn sie in gehobeneren Milieus und damit in spektakuläreren Formen stattfindet. Aber tatsächlich sind es die Armen, die unter korrupten Regierungspraxen am meisten leiden“, sagt Arvind Kejriwal, ein Aktivist für das Recht auf Information.

Wie zu erwarten spielte die Regierung die Ergebnisse der Studie herunter. „Wir alle wissen, dass es auf den unteren Ebenen Korruption gibt, und wir brauchen keine Studien, die das belegen“, sagte etwa der Minister für Energie, Jairam Ramesh.