1994 kam in den USA mit der Antimatschtomate Flavr-Savr die erste genetisch veränderte Ackerfrucht auf den Markt. Seither wurden immer neue transgene Ackerpflanzen für den kommerziellen Anbau zugelassen. Insbesondere Genmais, -soja und -baumwolle haben seither in den USA, Brasilien und Indien einen beispiellosen Siegeszug hingelegt.
Wie fällt die Bilanz dieser knapp 20 jährigen neuen Ära des Ackerbaus aus? Wie sind die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt? Und vor allem: Brauchen wir die Gentechnik als Antwort auf Welthunger und Klimawandelfolgen oder stehen ausreichend konventionelle und ökologisch angepasste Alternativen zur Verfügung? Dies waren die Ausgangsfragen, auf die internationale Agrarexperten auf Einladung der Grünen am 22.3. bei einem Bundestagsforum Antworten gaben.
Superunkräuter, Resistenzen von Schädlingen und ein rapider Artenrückgang seien die eindeutigen Negativfolgen in den USA, resümierte Christoph Then von Testbiotech e.V. Auf Amerikas Äckern wachsen vor allem BT-Mais und Glyphosat-verträgliches Soja. Das eingebaute Bt-Gen soll den Mais vor schädlichen Insekten schützen, die Verträglichkeit der Sojapflanze mit dem Herbizid erlaube die Bekämpfung des Unkrauts, ohne dass das Soja Schaden nehme. Aufgrund der genannten Resistenzen seien aber immer stärkere Geschütze aufzufahren. Noch mehr Herbizide gegen die Unkräuter, und neue BT-Gene gegen resistente Raupen und neue Schädlinge. Es gebe jetzt BT-Maissorten, die sechs verschiedene BT-Gene enthalten, so Then.
Dass diese Hochrüstung von den Konzernen durchaus gewollt sei, unterstrich der brasilianische Agrarökologe Antonio Andrioli. Nachdem auch in Brasilien Resistenzen aufgetreten waren, musste die Regierung drei bislang verbotene nervenschädliche Giftstoffe zulassen, um die Situation in den Griff zu bekommen. Strategisch klug hätten Monsanto, Syngenta & Co zudem früh ein Netz von Agrarberatungsorganisationen aufgebaut und Forschungsverträge mit den Unis abgeschlossen. „Alternatives Saatgut ist heute nicht mehr zu bekommen“, so Andrioli.
„Vielleicht gibt es hier zwei verschiedene Rationalitäten“, regte Moderator Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft zum Nachdenken an: Die der Konzerne, die als Hersteller von Gensaatgut und Agrochemie ein ganz natürliches Interesse am Absatz beider Produktlinien hätten und die der Menschen, die die Biodiversität des Planeten erhalten wollen und auch künftig – auch unter schwierigen Bedingungen - sicher ernährt werden wollen. Im Bereich trockenheits- und salzverträglicher Sorten etwa habe die Gentechnik bislang wenig geleistet.
Viel geleistet hätten dagegen KleinbäuerInnen und PflanzenzüchterInnen, die rund 3000 verschiedene Reissorten durch kluge Zuchtwahl immer neuen Bedingungen vor Ort angepasst hätten, betonte die indische Landwirtschaftsexpertin Suman Sahai. „Der klassische Pflanzenzüchter fährt einfach die Küste entlang und sucht Reissorten, die auf salzigen Böden gut gedeihen.“
Die Mitarbeiterin der GeneCampaign Indien erwähnte auch, dass mit klugen Veränderungen im Anbausystem bessere Erträge erwirtschaftet werden könnten. SRI sei eine solche Methode, bei der ohne Dünger- und Pestizideinsatz durch größere Pflanzabstände ein besseres Wurzelwachstum der Reispflanze und damit höhere Erträge erreicht würden.
Dass die Menschheit am sichersten mit einer angepassten LW ernährt werden kann, hatte schon der 2008 erschienene Weltagrarbericht nach aufwändiger Forschung belegt. Der anwesende Kodirektor des Weltagrarrates Hans Rudolf Herren stellte nocheinmal die wichtigsten Ergebnisse und Forderungen der 400 beteiligten WissenschaftlerInnen, BäuerInnen und NGO-VertreterInnen vor.
„Angepasste Landwirtschaft ist wissensintensiv. Wir brauchen noch viel mehr Forschungseinrichtungen für Agro-Ökologie.“ In diese müsse auch vorhandenes bäuerliches und indigenes Wissen einfließen. Der Staat stehe hier in der Verantwortung. Man könne eine Forschung, die im Dienste des Menschenrechts auf Ernährung stehe, nicht privaten Akteuren wie den Agrar-Unternehmen überlassen