Die Bilanz der bislang 11 jährigen Regierungszeit des ehemaligen Hoffnungsträgers Macky Sall ist ernüchternd: Die demokratischen Institutionen sind bankrott und ein Großteil der senegalesischen Bevölkerung glaubt nicht mehr an die Unabhängigkeit der Justiz. Bei Demonstrationen gibt es immer neue Tote - bei den jüngsten Protesten am 16. Mai 2023 waren es zwei.
Acht Monate vor den Präsidentschaftswahlen bleibt die politische Bühne undurchsichtig. Noch immer hält sich Macky Sall bezüglich einer dritten Kandidatur fürs Präsidentenamt bedeckt. Die Kandidaten der großen Oppositionsparteien wie Khalifa Sall von der Taxawu Senegal und Karim Meissa Wade von der Parti Démocratique Sénégalais wurden durch Gerichtsurteile ausgeknockt und sind nach wie vor nicht wählbar.
Die Kandidatur des letzten Hoffnungsträgers der Opposition, Ousmane Sonko, Vorsitzender der Partei PASTEF les patriotes, ist heute bedroht. Die Justiz verurteilte ihn zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 300.000 Euro wegen Verleumdung des derzeitigen Kulturministers und Mitglieds der Partei von Präsident Macky Sall. Das ist die Methode von Macky Sall. Mit seinen wahren politischen Gegnern misst er sich nicht an den Wahlurnen, sondern zieht es vor, die Justiz zu instrumentalisieren, um sie aus dem politischen Spiel zu entfernen.
Die Spannungen kosten auch Menschenleben
Die meisten politischen Organisationen und die Zivilgesellschaft haben das verstanden. So wurde eine neue Bewegung namens F 24 (Force 24) gegründet, die fast alle Oppositionsparteien und Akteure der Zivilgesellschaft vereint, um gegen eine dritte Kandidatur von Macky Sall zu kämpfen, die Freilassung der politischen Gefangenen und die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu fordern. Die Bevölkerung schließt sich dieser Dynamik an und folgt in großer Zahl den Protestaufrufen der F 24. Doch die Versammlungen werden häufig verboten und manchmal sogar von den Verteidigungs- und Sicherheitskräften aufgelöst.
Zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Africa Jom Center von Alioune Tine rufen zu einem Dialog auf, um das Schlimmste zu verhindern. Die politischen Spannungen haben ihren Höhepunkt erreicht und eine physische Konfrontation scheint unvermeidlich. Die Zusammenstöße zwischen Sonkos Anhängern und den Verteidigungs- und Sicherheitskräften enden immer mit dem Verlust von Menschenleben. Zwei junge Männer wurden bei den letzten Protesten am 16. Mai 2023 erschossen.
Der Kandidat Ousmane Sonko inspiriert viele junge Menschen und symbolisiert auch ihre Hoffnung. Die Jugend stellt 80 Prozent der Bevölkerung und ist ohne Perspektiven. Auf die von der Regierung versprochenen neuen Arbeitsplätze wartet sie vergeblich. Gegenläufig zu den Mitgliedern des Regimes und ihrer Familien, die von Tag zu Tag reicher werden, verarmt die Bevölkerung vor allem in den ländlichen Gebieten.
Das Regime hat in der Krise versagt
Die Regierungsvertreter führen häufig die verschiedenen Krisen im Zusammenhang mit Covid 19 und dem Krieg in der Ukraine an, um die aktuelle wirtschaftliche und soziale Krise zu rechtfertigen. Dieses Alibi wird von der großen Mehrheit der senegalesischen Bevölkerung längst nicht mehr ernst genommen.
Das derzeitige Regime hat aus den jüngsten Krisen nichts gelernt. Während der Corona-Pandemie und dem folgenden wirtschaftlichen Einbruch hatte die Regierung einen Hilfeaufruf gestartet und von nationalen Geschäftsleuten und internationalen Finanzinstitutionen 1 Mrd Euro gesammelt. Doch diese Gelder wurden von den staatlichen Institutionen nicht sinnvoll eingesetzt. Im Gegenteil. Der jüngste Bericht des Rechnungshofs über die Kontrolle der öffentlichen Finanzen weist auf zahlreiche Fälle von Veruntreuung öffentlicher Gelder durch die Behörden hin.
Darüber hinaus haben viele Senegalesen die Reise von Präsident Macky Sall nach Russland kritisiert, der dort die Sicherung der Weizenversorgung für die afrikanischen Länder erbat. Man fragt sich, was Sall selbst getan hat, um die Ernährungssicherheit seines Landes zu gewährleisten.
Von Boubacar Diop
Mit Eingabe meiner E-Mail-Adresse willige ich ein, dass meine zuvor angegebenen Daten dazu genutzt werden dürfen, um mich noch individueller per Mail über Projekte der ASW zu informieren. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben, siehe www.aswnet.de/datenschutz. Diese Einwilligung kann ich jederzeit gegenüber der ASW widerrufen, z.B. über spenden(at)aswnet.de oder durch Austragen aus dem Newsletter.