Wenn der Teufel im Detail – beziehungsweise in der Nutzung von Akronymen wie CCS oder CDR - steckt, ist es manchmal schwierig die Bedeutung bestimmter Zahlen zu verstehen. Manche mögen sich in den letzten Wochen gewundert haben, als sie in solchen Publikationen wie beispielsweise dem National Geographic und auch dem neuesten „Summary for Policymakers“ des Weltklimarates IPCC für die aktuelle COP27 in Ägypten lesen konnten, dass die Menschheit immer noch das 1,5° Ziel des Pariser Abkommens erreichen könnte, indem bis 2050 der Verbrauch von Kohle, Erdöl und Gas um 95%, 60% und 45% im Vergleich zu 2019 reduziert wird. Das bedeutet aber auch, dass wir in 2050 immer noch 40% bzw 55% der heutigen Menge an Erdöl bzw. Gas verbrauchen würden. Um aber das „net zero emissions“-Ziel in 2050 zu erreichen, müsste bei heutigem Verbrauch der komplette Ausstieg bis 2043 gelingen.
Wie passt das also zusammen? Indem in einem Anflug von magischem Denken die Lösung im massiven Einsatz von sogenannten „Carbon Capture and Storage (also das Einfangen und die Lagerung von CO2-Emissionen unter der Erde)“- und „Carbon Dioxide Removal (das Entfernen von bereits emittiertem CO2 aus der Atmosphäre)“-Technologien, in Zusammenhang mit der weiteren Nutzung von fossilen Energien gesehen wird. Das sind die ominösen CCS und CDR – die Zauberformeln, die alles gut lassen werden sollen.
Technische CO2-Speicherung birgt Risiken und benötigt Land
Das Problem? Diese Technologien sind nicht nur kaum erprobt und höchstens in einem frühen experimentellem Stadium, sondern würden bspw. auch bedeuten, dass riesige Landflächen in einer Größe bis zu 3,7 Mal die Fläche Indiens bspw. für Aufforstungen (auch dort, wo früher kein Wald stand) benötigt würden; die Ozeane künstlich gedüngt werden müssten, um CO2-verbrauchende Algen wachsen und dabei die Meere so versauern zu lassen, dass Fischbestände noch mehr gefährdet würden; oder gigantische CO2-Mengen irgendwie wieder zu solidem Kohlenstoff geformt werden und in den Boden (wo genau?) gepresst werden müssten. Der große Haken dabei: zwischen 1990 und 2020 wurden gerade einmal 0,2 Mrd Tonnen CO2 durch solche Technologien aus der Atmosphäre entfernt. Um aber die vom IPCC angeführten Ziele zu erreichen (und dabei weiterhin fröhlich Öl und Gas zu verbrennen, wie oben beschrieben), müssten bis 2050 die 78.000-fache Menge an CCR und CDR auf diesem Wege erreicht werden. Natürlich unter massivem Einsatz von Ressourcen, Land und Energie – vornehmlich aus dem globalen Süden, das versteht sich von selbst.. - um die entsprechenden Kapazitäten überhaupt herzustellen.
Wer mehr über die Rechentricks des IPCC und dem drohenden „Big COP27 Swindle“ lesen möchte, dem sei der Artikel vom Wolfgang Knorr, Senior Research Scientist for Physical Geography and Ecosystem Science an der Universität Lund empfohlen: https://braveneweurope.com/wolfgang-knorr-ipcc-scientists-covert-campaign-against-the-paris-agreement .
Darin werden die Fakten hinter den schönklingenden Worten sehr genau beleuchtet und die Absurdität der gegenwärtigen Herangehensweise an die drohende Klimakatastrophe seziert. Aber noch mehr zeigt es den nach wie vor enormen Einfluss der multinationalen Energie-Konzerne, denen jetzt der IPCC und die Regierungsvertreter noch in letzter Minute einen Rettungsring zuwerfen, bevor der Planet untergeht und Milliarden Menschen den Preis für Profitstreben, rücksichtslosen Lebensstil und Angst vor Veränderung in den Industrieländern zahlen müssen.
Von Christophe Mailliet
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