Kürzlich war Kanzler Olaf Scholz in Lateinamerika unterwegs. Vor dem Hintergrund des Wahlsieges von Lula in Brasilien und dem Krieg in der Ukraine steht das EU-Mercosur Abkommen auf einmal wieder ganz oben auf der Agenda.
Seit 1999 verhandelt die EU mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) über ein Handelsabkommen zur Schaffung der größten Freihandelszone der Welt. In vielen Punkten gab es Einigkeit, aber es gab auch immer noch offene Fragen und Widerstände bei den Vertragspartnern. Nach dem Wahlsieg Bolsonaros 2018 waren die Verhandlungen 4 Jahre eingefroren.
Von der ASW und vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen wurde das Abkommen immer kritisiert. So fanden ökologische, soziale und menschenrechtliche Aspekte im Abkommen keine bindende Berücksichtigung. Das Abkommen zementierte eine Wirtschaftsstruktur, die auf der Ausbeutung von Ressourcen beruht und auf Agrarindustrie setzt. Es beförderte Interessen und Strukturen, die unmittelbar das Leben vieler indigener Gemeinschaften bedrohen und den Amazonasregenwald weiter zerstören.
Ist jetzt alles anders? Nicht wirklich. Zwar hat Lula sich offen zum Klimaschutz und zu den indigenen Völkern bekannt, indem er Marina Silva zur Umweltministerin und Sonia Guajajara zur Ministerin für indigene Völker ernannt hat, aber der Kern des alten EU-Mercosur Abkommens bleibt bestehen.
Es setzt auf ein nicht-nachhaltiges Agrarmodell und fördert den Handel und die Produktion umwelt- und klimaschädlicher Produkte wie billiges Fleisch, Futtersoja, Pestiziden und Ethanol für Verbrennungsmotoren. Und selbst an den Stellen, wo sich auf Nachhaltigkeitsaspekte geeinigt wurde, ist nicht festgeschrieben, wie diese Bedingungen kontrolliert werden sollen. Das ist nicht mehr als ein Lippenbekenntnis.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz in ein Zusatzprotokoll verbannt
Nun soll es ein Zusatzprotokoll geben, welches die Nachhaltigkeitsfragen, insbesondere bezogen auf den Amazonasregenwald und die indigenen Völker verbindlich festschreiben soll. Das ist vielleicht nett gemeint, aber Umwelt-, Klimaschutz und Menschenrechte können kein bloßer Anhang eines veralteten Handelsabkommens sein.
Daher ist das EU-Mercosur Abkommen auch unter den veränderten außenpolitischen Vorzeichen kein gutes Abkommen. Die EU- und die Mercosur-Staaten müssen das Abkommen grundlegend in allen Punkten überarbeiten und ökologische, soziale und menschenrechtliche Belange in den Mittelpunkt rücken.
Keine Doppelstandards, Schlupflöcher und Orientierung an extraktivistischer Gewinnung natürlicher Ressourcen.
Marek Burmeister
Mit Eingabe meiner E-Mail-Adresse willige ich ein, dass meine zuvor angegebenen Daten dazu genutzt werden dürfen, um mich noch individueller per Mail über Projekte der ASW zu informieren. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben, siehe www.aswnet.de/datenschutz. Diese Einwilligung kann ich jederzeit gegenüber der ASW widerrufen, z.B. über spenden(at)aswnet.de oder durch Austragen aus dem Newsletter.