Senegal 5 Monate vor den Wahlen: Die Grundrechte sind bedroht

20.09.2023 Im Februar 2024 wird im Senegal ein neuer Präsident gewählt. Macky Sall, der seit 2012 das Amt hält und  das Vertrauen vieler Wähler_innen verspielt hat, geht zwar nicht mehr ins Rennen. Doch tut er und seine Partei nun alles, um die Opposition kleinzuhalten und deren Wahlkampf zu blockieren.

Am 28. Juli wurde Salls wichtigster Gegenspieler Ousmane Sonko verhaftet und seine Partei PASTEF les patriotes aufgelöst. Nicht nur Senegals Zivilgesellschaft, auch internationale Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International,  Human Rights Watch, die Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH) und ihre Mitgliedsorganisationen im Senegal prangerten diese Verhaftung und die Auflösung der Partei PASTEF entschieden an. Die Anhänger Sonkos, vor allem junge Senegales_innen, die auf Sonko und die PASTEF ihre Hoffnungen richten, gingen im ganzen Land auf die Straße.
Doch sie waren schon vor dem PASTEF-Verbot erzürnt und werfen Macky Sall vor, dass er erst nach dem Tod von fast 50 Senegalesen seit 2021 und der Inhaftierung von mehr als 600 Demonstrant_innen auf eine erneute Kandidatur verzichtet habe. Dadurch habe er Senegals Demokratie geschädigt.

 

Senegals Behörden beschneiden das Demonstrationsrecht

Schaden nimmt Senegals Demokratie aktuell auch durch die Einschränkung des Demonstrationsrechtes. Kürzlich wurde ein Antrag der Plattform F24 (Februar 2024), der die meisten zivilgesellschaftlichen Organisationen und politischen Parteien angehören, abgelehnt. Das Bündnis wollte zum Welttag der Demokratie am 15. September 2023 eine Demonstration anmelden. Die Begründung der Behörden lautete, wie in vergleichbaren Fällen, dass die öffentliche Ordnung bedroht werden könnte. Laut Thiat von der Bewegung Y'en a Marre handelt es sich dabei um einen schweren Eingriff in ein von der Verfassung anerkanntes Grundrecht. "Es ist missbräuchlich, dass die staatlichen Behörden alle Demonstrationsanträge ablehnen, das ist Provokation und Repression.“

Senegals Diaspora demonstriert

Während im Lande die öffentlichen Freiheiten eingeschränkt werden, hat Senegals Diaspora das Heft in die Hand genommen. In Genf, Paris, Berlin, Mailand und Barcelona demonstrieren senegalesische Staatsbürgerinnen und bringen ihre Ablehnung und Unzufriedenheit mit den Entgleisungen von Präsident Macky Sall auf die Straße. Seit drei Tagen demonstrieren senegalesische Staatangehörige in den USA vor dem Hotel, in dem Präsident Sall residiert. Er ist dort, um an der 78. Generalversammlung der Vereinten Nationen teilzunehmen. Wenn die New Yorker Polizei nicht gewesen wäre, wäre das Hotel von den Demonstranten überrannt worden.

https://www.youtube.com/watch?v=pVZxb5h6Z_A (Les sénégalais manifestent devant l’hotel de Macky à New York)


Die Jugend wirft der Regierung Versagen vor

Senegals Jugend stellt 80 Prozent der Bevölkerung und ist weitgehend ohne Perspektiven. Arbeitsplatzversprechen der Regierung wurden nicht erfüllt. Gegenläufig zu den Mitgliedern des Regimes und ihrer Familien, die von Tag zu Tag reicher werden, verarmt die Bevölkerung vor allem in den ländlichen Gebieten.

Die politische Krise verhinderte auch 2022 Debatten über Zukunftsthemen – wie zum Beispiel die Auswirkungen der Gasförderung vor Senegals Küste auf die Umwelt und die Menschen. Diverse Nationalparks – wichtige Zwischenstationen für Zugvögel und Nistplätze für Meeresschildkröten – sind genauso betroffen wie das größte Kaltwasserkorallenriff der Welt.

Doch die Gasförderung durch BP (60% Anteile), die amerikanische Kosmos-Energy (30% Anteile) und die staatliche senegalesischen Öl- und Gasgesellschaft (10 Prozent) läuft unhinterfragt weiter. Das Gasterminal "La Grande Tortue" vor der Atlantikküste in Saint Louis ist zu über 82% fertiggestellt. Im Dezember 2024 werden die ersten Barrel Gas aus Senegal exportiert. Den höchsten Preis dafür werden wieder einmal die Menschen vor Ort zahlen, vor allem die, die vom Fischfang leben.

Von Boubacar Diop

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