Brasilien: Späte Entschädigung nach Samarco-Dammbruch

Die Betroffenen fordern mehr

Anfang November 2015 zerstörte eine giftige Schlammlawine aus einer Eisenerzmine in Brasilien die Lebensgrundlagen und die Gesundheit Tausender Menschen. 19 Menschen starben. Neun Jahre danach wurden nun am 24.10.2024 die Betreiber der Mine endlich zu einer milliardenschweren Entschädigung verpflichtet. Doch für die Vertreter der Betroffenen geht der Kampf weiter. Sie wollen eine höhere und damit angemessenere Entschädigung. Außerdem sollen die Betreiber auch strafrechtlich belangt werden.


Der Bruch eines Rückhaltebeckens und die Folgen

Die Katastrophe hatte mit dem Bruch eines Dammes begonnen. Aus dem Rückhaltebecken der Eisenerzmine der Firma Samarco, nahe der Kleinstadt Mariana, setzten sich am 5. November 2015 gigantische Massen Bergwerkschlamm in Bewegung. Ein Tsunami von Millionen Kubikmeter eisen- und schwermetal lastigem Material rollte über die Flüsse Rio Gualaxo do Norte, Rio do Carmo und Rio Doce, sowie deren Flusstäler hinweg. Die Welle hinterließ nichts als Zerstörung, ihre Wucht zertrümmerte 349 Häuser, Schulen und Kirchen und nahm 19 Menschen das Leben. Die Katastrophe verseuchte die Flusstäler und zerstörte die Lebensgrundlage tausender Menschen. Sie machte es für Jahre unmöglich, in den Gewässern zu fischen und das Wasser zu nutzen. Trinkwasser musste mit Transportern aus anderen Regionen eingefahren werden. Krankheiten wie Hautreizung, Asthma, aufgrund des getrockneten Staubs, sowie Psychische Erkrankungen häuften sich. Neun Jahre warteten die Menschen auf eine angemessene Entschädigung.
 

Ein Entschädigungsvertrag als Etappensieg

Der Minenbetreiber Samarco ist eine Tochterfirma der britisch-australischen Firma BHP Billton Brasil Ltda. und der Brasilianischen Firma Vale S.A.. Am 24.10. unterzeichneten Samarco, sowie ihre Mutterkonzerne mit der brasilianischen Regierung einen Vertrag zu Entschädigungen in Höhe von 132 Milliarden Real für Familien, Städte und Gemeinden. Dazu kommen 38 Milliarden Reals aus vorherigen Entschädigungen, was zusammen eine Summe von 170 Milliarden Reals (ca 28 Mrd €) ergibt.

Die brasilianische Nachrichtenagentur Agếncia Brasil setzt die Zahlen in Relation. 100 Milliarden Reals der Entschädingungszahlungen sollen über 20 Jahre an die Regierung gezahlt und für verschiedene Maßnahmen verwendet werden und 32 Milliarden Reals kommen für Entschädigungen und Wiedergutmachungen zum Einsatz. Die Restlichen 38 Milliarden Reals gehen an die von Unternehmen gegründete Renova-Stiftung, welche bereits 5 Milliarden Reals an 300 Tausend Betroffene ausgezahlt hat. In den nächsten 20 Jahren sollen weitere 16 Milliarden Reals an Staat, Land und Kommunen ausgezahlt werden, umgerechnet ca 800 Millionen Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Die Reinigung und Renaturierung des von Industrie verschmutzen Rheins kostete über 50 Jahre 100 Mrd Euro, also das 3,5 fache der von Samarco bereitgestellten Entschädigungsgelder.

Die Bewegung der von Staudämmen Betroffenen, Movimento dos Atigindos pelas Barragens, MAB, hält die Einigung für einen Etappensieg, ist aber überzeugt, dass auch der jetzt zugesagte Betrag nicht ausreicht, um die Rechte der Betroffenen vollständig wiederherzustellen: „In diesem Sinne geht der Kampf für eine gerechte Entschädigung weiter, sei es vor brasilianischen Gerichten, vor Regierungen oder vor internationalen Gerichten, wie im Fall der englischen Klage, die gerade in London verhandelt wird“, so das Movimento.

Leif Leonhardt

Quelle: https://www.kooperation-brasilien.org/de/themen/landkonflikte-umwelt/samarco-dammbruch-einigung-in-brasilien-erzielt-aber-kritik