Mit der künftigen Bundesregierung wird es vermutlich weitere Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) geben. Schon seit längerem ist diese im Schussfeld und stand schon unter der Ampel auf der Streichliste. Populisten lehnen sie als Ideologieprojekt ab und plädieren dafür, verfügbare Mittel lieber der deutschen Bevölkerung zugute kommen zu lassen.
Ist unsere Entwicklungszusammenarbeit ein Geschenk an den Globalen Süden?
Doch ist es wirklich so, dass wir dem globalen Süden mit unserer "Entwicklungshilfe" etwas schenken? Allein die Aufschlüsselung der Finanzströme reicht aus um zu zeigen, dass eher der Süden dem Norden „Geschenke“ macht als umgekehrt.
Die Länder Afrikas zum Beispiel beziehen von der EU ca. 20 Mrd, von allen OECD-Ländern geschätzte mindestens 40 Mrd Euro an Entwicklungshilfe pro Jahr. Doch eine höhere Summe verlieren die Bewohner:innen des Kontinents durch den Umstand, dass in Afrika aktive internationale Unternehmen ihre Gewinne lieber an anderen Orten versteuern als dort, wo sie produzieren. Im besten Fall im dem Land, wo sie ihren Standort haben - geregelt meist in Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung. Doch laut einer Studie der London School of Economics verhandeln z.B. die Europäer die Abkommen häufig zum eigenen Vorteil. Steuern werden so meist im Land des Unternehmens-Standortes entrichtet und nicht in Afrika, wo Staaten um jeden Dollar für ihre meist klammen Kassen ringen.
Legale und illegale Steuerverlagerung
Dazu kommt noch die illegale Steuervermeidung durch internationale Konzerne. Hier geht es um die trickreiche Verlagerung der Gewinne in Steueroasen.
Je nach Quelle gehen dem Kontinent Afrika durch legale und illegale Steuervermeidung Milliardenbeträge verloren, die OECD nennt 50 Mrd, die UN-Wirtschaftskommission für Afrika beziffert den Verlust sogar auf 100 Mrd.
Schuldendienst statt Bildungs- und Gesundheitsausgaben
Aus den Staatsbudgets, in denen die Steuern internationaler Konzerne fehlen, fließt zudem noch der nicht unerhebliche Schuldendienst an IWF und private Gläubiger des Nordens ab. Denn die Südländer sind hoch verschuldet. 2024 erreichte ihr Schuldenstand neue Rekorde, weil die COVID-19-Pandemie, Dürren und Überschwemmungen in Folge des Klimawandels und die Nahrungspreissteigerungen durch den Ukrainekrieg nur durch die Aufnahme neuer Kredite zu bewältigen waren. Für all diese Krisen war und ist der Süden nicht verantwortlich. Das gilt besonders für die Klimakrise, die vor allem durch die historischen und aktuellen Emissionen des globalen Nordens sowie neuerdings auch Chinas verursacht ist.
Auch der Papst fordert Gerechtigkeit
Das Entschuldungsbündnis erlassjahr.de fordert daher für 2025 einen Schuldenerlass für die einkommensschwächsten Länder des globalen Südens. Auch der Papst hat in seiner Ansprache zum „heiligen Jahr 2025“ am 24. Dezember diese Forderung erhoben – und dabei auch die „ökologische Schuld des Nordens gegenüber dem Süden“ unterstrichen. https://erlassjahr.de/kampagne/erlassjahr-2025/
Die Analyse zeigt deutlich: Angesichts des Geldabflusses vom globalen Süden in den Norden kann geleistete Entwicklungshilfe nur ein bescheidener Ausgleich sein. Als solche sollte sie gerechterweise bestehen bleiben. Eine noch bessere Entwicklungshilfe für den globalen Süden, die sich schnell umsetzen ließe, wäre allerdings eine gerechtere internationale Steuer- und Finanzarchitektur.
Isabel Armbrust
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