67 Jahre praktizierte Solidarität

Die ASW wurde 1957 unter dem Namen Aktionsgemeinschaft für die Hungernden ins Leben gerufen und gehört damit zu den ältesten entwicklungspolitischen Spendenorganisationen in Deutschland.

Das Hauptanliegen galt zunächst den Hungernden in Indien. Die ersten Spenden wurden dort vor allem für die Flüchtlings- und Nothilfe verwendet.

 

Weltnachbarschaft

In ihrem Gründungsaufruf von 1957 stellt die Aktionsgemeinschaft gleichzeitig klar, dass es ihr nie um eine rein mildtätige Haltung gegangen ist. „Es darf nicht nur Almosen sein. Die zum neuen Selbstbewusstsein erwachten, im raschen sozialen Umbruch begriffenen Völker öffnen sich unserer Teilnahme nur, wenn sie eine wirkliche Solidarität verspüren“, ist dort zu lesen.

Der ehemalige ASW-Vorsitzende Wilfried Warneck prägte für diese Haltung später den Begriff der Weltnachbarschaft. Entscheidend sei dabei, so Warneck, „dass wir als Personen und Gruppen das ganz unwägbare Risiko eingehen, uns der neuen Situation der Weltnachbarschaft auszusetzen. Wir geben nicht etwas von dem, was wir zuviel haben, sondern wir geben unsere bisherige isolierte Existenz auf und verschmelzen sie mit der des Mitmenschen: Wir werden solidarisch mit den Hungernden.“ 

 

Die Umbenennung in Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt

Ab 1961 wurden von der Aktionsgemeinschaft auch Patenschaften für indische Heimkinder vermittelt und in Dorfprojekten Handwerk und Landwirtschaft gefördert. 1964 wird die Hilfe zur Selbsthilfe zum Programm erhoben.

Anfang der 70er Jahre wurden die Projekte noch stärker auf Gemeinschaftsförderung ausgerichtet. Außerdem orientierte sich die Arbeit nun stärker an politischen Kriterien. Noch gab es portugiesische, spanische und britische Kolonien in Afrika, in denen Befreiungsbewegungen nach Unabhängigkeit strebten. Einige von ihnen und die Anti-Apartheidsbewegung für Südafrika wurden von der Aktionsgemeinschaft im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützt.

In der konkreten Arbeit der Aktionsgemeinschaft ging es jetzt um mehr als den Kampf gegen den Hunger. Es ging um den Kampf gegen die Ausbeutung der Dritten Welt und für eine umfassende Gerechtigkeit. Dieses erweiterte Verständnis führte 1973 zur Umbenennung in Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt.

 

Enteuropäisierung der Projektarbeit

Auch in Indien wurden bald praktische Schritte eingeleitet und es wurde mit der Enteuropäisierung der konkreten Projektarbeit begonnen. Mehr und mehr sollten Partnergruppen vor Ort die wichtigen Themen identifizieren und die betroffenen Menschen dazu organisieren. In Indien verlief dieser Prozess beispielhaft. 1975 wurde ein indischer Aktivist fester ASW-Mitarbeiter und ASW-Consultant in India und bald gab es ein eigenes ASW-Indienbüro. Daraus ging schließlich 1992 das Centre for World Solidarity, CWS,  als eigenständige indische Nichtregierungsorganisation hervor. Bis heute betreuen und beraten die erfahrenen KollegInnen vom CWS die indischen Projekte vor Ort und wählen in Absprache mit uns neue förderungswürdige Gruppen aus.

 

Organisierung von Frauen und Stärkung von ganzen Gemeinschaften

Mitte der 1970er Jahre entstanden unter der Führung der ASW und Terre des Hommes Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Kinderpatenschaften. Die Förderung einzelner Kinder spalte Familien und Dorfgemeinschaften, so das Argument. Um das zu vermeiden, richtete die ASW die Unterstützung auf die ganze Gemeinschaft aus und ließ die Kinderpatenschaften auslaufen. Bald darauf wurde die Solidaritätsarbeit auf Länder in West- und im südlichen Afrika sowie auf Lateinamerika ausgeweitet.

Seit den 80er Jahren wird Frauenförderung und kollektives Empowerment von Frauen großgeschrieben, und die immer offener zutage tretenden weltweiten Umweltprobleme führten zur stärkeren Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Projektförderung.

Neben der konkreten Projektarbeit wurde für die ASW die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit hier immer wichtiger. Die ASW beteiligt sich deshalb am weltweiten Austausch und der Vernetzung von Umwelt-, Frauen- und Menschenrechtsinitiativen.