Brasilien: Indigene Frauen auch unter Lula kämpferisch

Auch wenn der Regierungswechsel in Brasilien für die Kämpfe der indigenen Gruppen in Brasilien sehr wichtig war und viele Anliegen unter der neuen Regierung von Lula da Silva nun endlich politisch umgesetzt werden können, bleiben die Herausforderungen für Brasiliens indigene Gruppen groß. Das betonten die beiden Munduruku-Frauen und ASW-Partnerinnen Maria Leusa Kaba und Ediene Kirixi von der indigenen Frauenorganisation Wakoborũn.

Die Frauenorganisation Wakoborũn arbeitet eng mit den anderen politischen Gruppen der Munduruku zusammen. Auch konnten durch die Arbeit von Wakoborũn bereits neue Gruppen entstehen, darunter beispielsweise das Audiovisuelle Kollektiv der Munduruku.


Kollektive politische Selbstorganisation auch nach dem Regierungswechsel relevant

Für Brasiliens Indigene hat die politische unabhängige Selbstorganisation auch unter der neuen Regierung von Lula da Silva weiterhin einen extrem hohen Stellenwert. Denn auch wenn nun indigene Vertreter:innen Teil der Regierung sind, bleibt die Struktur des Staates bestehen. 

Die politische Selbstorganisation der Munduruku und insbesondere der Organistion Wakoborũn basiert fundamental auf kollektiven und konsensbasierten Entscheidungsprozessen. So betonen die beiden Aktivistinnen, dass das gegenseitige Zuhören und die Einbeziehung aller extrem wichtig für die Arbeit von Wakoborũn ist. Auf diese Weise und durch den kontinuierlichen Austausch mit den unterschiedlichen politischen Organisationen der Munduruku ist es auch möglich, mit einer gemeinsamen Position und kollektiven Forderungen zum Vernetzungscamp „Terra Livre“ zu kommen. 


Anhaltende Bedrohungen durch Goldabbau und Großprojekte am Tapajos

Die große Bedeutung der Selbstorganisation für die indigenen Gruppen unterstreichen die beiden Aktivistinnen auch damit, dass die Lobby der Agrarindustrie und des Goldabbaus auch aktuell sehr stark sind. Eine Vielzahl von Munduruku sehen sich Morddrohungen ausgesetzt und nach wie vor sind viele der staatlichen Organe nach den vier Jahren der Bolsonaro Regierung kaum handlungsfähig. Auch deshalb sind die beiden Aktivistinnen der Meinung, dass sie nicht vom Staat abhängig sein dürfen. Nach wie vor bedeutet der brasilianische Staat für indigene Menschen in Brasilien eine Struktur, die tötet.

Auch neben dem illegalen Goldabbau (Garimpo) sind viele weitere Projekte in Planung, die die Lebensgrundlage der Munduruku bedrohen. So ziemlich jede Form der Umweltzerstörung, die im Amazonas Regenwald stattfindet, lässt sich am Tapajos wiederfinden. So sind zahlreiche Wasserkraftwerke geplant, der Fluss soll mit Häfen für Containerschiffe ausgebaut werden und mit der Zugstrecke Ferrograo ist ein riesiges Bahnprojekt geplant. 


Bedrängung der indigenen Gemeinden durch CO2 Emissionshandel und grüne Ökonomie

Doch auch durch vermeintlich nachhaltige und vermeintlich grüne entwicklungspolitische Vorhaben sehen sich die indigenen Gemeinden einem hohen Druck ausgesetzt. Für die Organisation steht auch durch den Austausch mit anderen indigenen Gruppen fest, dass es sich beim CO2-Emissionshandel für sie um eine schädliche Lösung handelt, bei der indigene Gemeinschaften ausgebeutet werden, wodurch wiederum ihre Autonomie und Existenzgrundlage bedroht wird. Doch die Lobby der sogenannten Grünen Ökonomie ist so stark, dass sich die indigenen Gemeinschaften dem Druck der neuen Regierung und sogar einigen indigenen Dachverbänden ausgesetzt sehen, und das obwohl für alle Basisgruppen feststeht, dass sie CO2-Emissionshandel ablehnen. In der Tat wird deutlich, dass die lokalen Gemeinschaften im Zusammenhang mit CO2-Zertifikatshandel immer durch die multinationalen Firmen, die hinter dem Zertifikathandel stehen, ausgebeutet wurden und nicht profitieren konnten.


Pläne für den Ausbau eines weiteren Bildungszentrums in Nova Trairao

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Bedrohungen durch illegalen Goldabbau und extraktive Großprojekte, aber auch mit Hinblick auf die Lobby der sogenannten Grünen Ökonomie und deren Versuche, die indigenen Gemeinschaften zur Zustimmung zum CO2-Zertifikatshandel  zu drängen, wird einmal mehr deutlich, wie wichtig die unabhängige Kommunikations- und Aufklärungsarbeit der Organisation Wakoborũn ist. Durch die Organisation ist es möglich, dass sich die indigenen Gemeinschaften der Munduruku unabhängig informieren können und auch resilienter gegenüber Versuchen von Unternehmen sind, die indigenen Gemeinschaften zu spalten.

 

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