Grüne Partnerschaft der EU mit Marokko auf Kosten der Westsahara

Am 18. Oktober 2022 unterzeichnete die Europäische Union eine grüne Partnerschaft mit Marokko. Dies ist die erste Initiative dieser Art mit einem afrikanischen Staat. Im Rahmen dieser Partnerschaft werden Marokko fürs Jahr 2024 50 Millionen Euro von der Europäischen Investitionsbank zur Verfügung gestellt. Diese Summe ist für die Finanzierung von Projekten in den Bereichen Umwelt, erneuerbare Energien und Energieeffizienz bestimmt. Bis 2030 will das Land seine Produktionskapazität von erneuerbaren Energien von derzeit 20% auf 52% steigern.

Der bis August 2023 für den europäischen « Green Deal » zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans wählte denn auch aus Anlass der Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens sehr freundliche Worte und sagte, der Pakt sei eine wichtige Anerkennung der Führungsrolle und des Potenzials Marokkos beim ökologischen Wandel. Entsprechend sieht der Green Deal vor, dass die EU Marokko bei der Umsetzung seiner innovativen, nachhaltigen und arbeitsplatzschaffenden Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien unterstützt.


Die Besatzungspolitik Marokkos in der Westsahara wird ökologisiert

Damit verschließt die Europäische Union die Augen vor kritischen und grundlegenden Aspekten der marokkanischen Energiepolitik. Viele der marokkanischen Projekte sind in der Westsahara angesiedelt, die das Königreich Marokko seit 1975 illegal besetzt hält. Die Projekte Cimar, Atissat, Noor Layoune, Noor Boujdour und Foum El Oued wurden bereits realisiert und die Projekte Tiskrad, Ghrad Jrad, Harmattan á Dahla und Noor Dahla in Boujdour sind in der Umsetzung.

Der europäische Vertreter der POLISARIO, Oubi Bachir, sagte bereits im Zusammenhang mit der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow: "Marokko versucht, seine Besetzung unseres Landes zu ökologisieren, indem es diese edlen und sauberen Mechanismen und Instrumente nutzt, um zu versuchen, seine Position in Bezug auf die Westsahara voranzutreiben."


Der Europäische Gerichtshof sieht Verletzungen des Völkerrechts

Die EU ignoriert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil des Luxemburger Gerichts vom 29. Dezember 2021, das die Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko für nichtig erklärt) bezüglich der Ressourcen der Westsahara und der UNO-Richtlinien zur Westsahara. Diese Reinwaschung der Besatzung erfolgt mit der Komplizenschaft multinationaler Unternehmen wie der deutschen Firma Siemens Energy und der italienischen Firma Enel Energy. Um ihr gemeinsames Ziel, die Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft, zu erreichen, treten die EU und Marokko das Völkerrecht mit Füßen.


Auch Siemens und Enel ignorieren die Rechte der lokalen Bevölkerung

Die Zustimmung des saharauischen Volkes zu diesen Projekten wurde in keiner Weise eingeholt, wie es die internationalen Normen, insbesondere die Richtlinien der Vereinten Nationen, vorschreiben. Noch schlimmer ist, dass die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) auf jeder COP die Bemühungen Marokkos im Kampf gegen die globale Erwärmung bejubelt, dabei aber verschweigt, dass einige der Beiträge Marokkos in einem Gebiet geleistet werden, das nach Ansicht der UN-Zentralbehörden illegal besetzt ist. Zur Erinnerung: Die Vereinten Nationen betrachten die Westsahara als ein nicht autonomes Gebiet. Der UN-Ausschuss zur Überwachung der Umsetzung des Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte fordert die Zustimmung des saharauischen Volkes vor der Ausbeutung von Ressourcen, die aus ihrem Gebiet stammen.

Die Grünen Abkommen geben der Besatzung grünes Licht und fördern die Aufrechterhaltung des Status quo. Für grüne Energie und für lukrative Projekte für seine Firmen nimmt die EU die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des saharauischen Volkes weiterhin in Kauf.

Boubacar Diop