Der indische Blick auf die ASW

 

Die ASW hat Impulse gesendet und Pionierarbeit geleistet

VON M.V. SASTRI

M.V.Sastri kennt die ASW seit 36 Jahren und ist heute der große alte Mann im Vorstand unserer wichtigsten Partnerorganisation Centre for World Solidarity, CWS. Er begann 1984 als indischer Consultant der ASW und führte das ASW-Indienbüro 1992 als CWS in die Unabhängigkeit.

Die Idee einer solidarischen Welt wurde nicht zufällig in dem Land geboren, das den verheerenden Zweiten Weltkrieg verursacht hatte. Die Begründer der ASW waren Deutsche, die der Welt etwas zurückgeben wollten. Sie wollten eine solidarische Welt schaffen, in der nicht eine Nation über der anderen stand und in der alle Menschen wirklich gleichberechtigt waren. Dazu wollten sie deutsche UnterstützerInnen gewinnen. Und sie fingen mit dem Einfachen an, mit dem Aufruf, sich gegen den Hunger in der Welt einzusetzen.

Die Menschen, die die internationalen Programme der ASW verantworteten, wollten, dass alles in einer maximal demokratischen Weise ablief und dass es auch innerhalb des Teams in Berlin keine Hierarchie gab. Auch damit setzten sie sich von der deutschen Vergangenheit ab. Mit diesem Selbstverständnis zog die ASW einerseits die passenden Mitarbeiter an, die entschlossen waren, in ihrer Arbeit das Bequeme zu vermeiden. Andererseits konnte sie auch den Partnern vor Ort auf Augenhöhe begegnen statt sie zu Objekten, nämlich zu EmpfängerInnen zu machen.

 

Der Wunsch, die Schwerpunkte der Förderung und die Projekte von kompetenten Menschen vor Ort identifizieren und wählen zu lassen, führte dazu, dass die ASW seit 1969 indische Berater hatte und seit 1975 einen festangestellten Consultant.

Das war der Gandhianer V. Krishnamurti, der bereits 1947 in Tamil Nadu die Organisation und das Zentrum Gandhigram aufgebaut hatte. Er blieb bis 1984 in dieser Funktion. Ich wurde 1984 sein Nachfolger.

Es waren Krishnamurtis Berichte gewesen, die bei der ASW zunehmend Skepsis gegenüber den Heimpatenschaften (Förderung einzelner Kinder in Heimen) aufkommen ließen. Wurden die Kinder nicht einerseits ihren Gemeinschaften entfremdet und wurden nicht andererseits die Gemeinschaften ihrer Kinder beraubt? Denn es war nicht sicher, dass sie nach ihrer Ausbildung in diese zurückkehren wollten.

Auf Anraten von V. Krishnamurti trennte sich die ASW schließlich von den Kinderpatenschaften und ging zur Förderung ganzer Gemeinschaften über. Es war ein behutsamer Ausstieg, für eine Übergangszeit erhielten die Partner noch einen Pauschalbetrag.

Ich sehe die Bedeutung der ASW, als einer kleinen Organisation, nicht in der Quantität ihrer Unterstützungsarbeit. Ihre Bedeutung und Aufgabe liegt darin, dass sie Impulse aussendet und Pionierarbeit leistet. Dass sie ihre Kooperationspartner vor Ort als kompetent betrachtet und als fähig, selbst Entscheidungen zu treffen. Das war damals einzigartig. Die ASW war insofern Vorreiterin, später sind ihr auch andere Organisationen gefolgt.“