Frauen bei SMS in Jharkhand

Organisierte Frauen in Jharkhand nehmen sich ihre Rechte

INDIEN

„Ich bin davon überzeugt, dass die Zugehörigkeit zu einer Organisation den Frauen Mut gibt und sie sich so allen Herausforderungen stellen können.“
Pukli Mahto aus dem Dorf Vrindavan, Sonua-Block von West Singhbhum

Jharkhand ist der rohstoffreichste Bundesstaat Indiens und auch der West Singhbhum Distrikt ist gesegnet mit Eisenerz. Doch von den Erlösen profitieren nur wenige. Für die einfache Dorfbevölkerung, meist Adivasi, fallen im Umfeld des Erzabbaus meist nur informelle Jobs an, eher verlieren sie Feld oder den Wald ihrer Umgebung an die Rohstoffunternehmen. Vielen Frauen und Männern, die vor Ort keinen Tagesjob ergattern, bleibt nur die Arbeitsmigration.
 

Den Zustand der Rechtlosigkeit überwinden

Die ASW-Partnerorganisation SHRAMAJIVI MAHILA SAMITY (SMS) hat sich zum Ziel gesetzt, vor allem mit den Frauen dieser marginalisierten Gemeinschaften eine neue Perspektive zu erarbeiten.

Egal ob ansässig oder migriert, leben und arbeiten diese in noch prekäreren Verhältnissen als die Männer. In den Corona-Lockdowns waren sie mit zusätzlicher unbezahlter Care-Arbeit belastet. Und weil ihnen bestehende Land-, Frauen- und Arbeitsrechte oft nicht hinreichend bekannt sind, können sie leicht von ihrem Land verdrängt und als Arbeiterinnen extrem ausgebeutet werden.

Zudem genießen sie keinen Schutz gegen Gewalt oder sexuelle Übergriffe ihrer Arbeitgeber. Dazu kommt die familiäre Gewalt, die ebenfalls in der Coronazeit anstieg.

Ein wichtiger erster Schritt im Projektverlauf ist daher, bei den Frauen über Workshops ein Bewusstsein über ihre Rechte als Frau, Mensch, Angehörige einer Minderheit und Arbeiterin zu fördern und ihnen auch zu vermitteln, dass ihnen ein ganze Reihe an staatlichen Förderprogrammen zusteht, die sie allerdings als Gemeinschaft selbst einfordern müssen.

 

Nur organisierte Frauen können etwas fordern

Daher werden die Frauen auf der Ebene der Dörfer motiviert, sich zu organisieren und so den Zusammenhalt und die Solidarität zu stärken. Daneben führt SMS Workshops zur Kapazitätsentwicklung durch, damit die Frauen sich auch neue Einkommensmöglichkeiten oder den Zugang zu staatlichen Förderprogrammen erschließen. Mit dem entsprechenden Know How können die Frauengruppen dann die Vorteile des staatlichen Sozialversicherungssystems oder sonstiger Sozial- und Gesundheitsprogramme nutzen sowie Anträge auf dem Online-Portal für Dienstleistungen für den unorganisierten Sektor (E-Shram) stellen.

Einige Frauen werden auch für die Übernahme von Posten in den Gemeinderäten geschult und zur Kandidatur für die Gemeinderatswahlen motiviert.


Frauen, die etwas bewegen

Unter dem Projekttitel "Befähigung der arbeitenden Frauen zu einem würdigen Leben und zur Entscheidungsfindung" wurden in einem Dutzend Dörfern Arbeiterinnen-Organisationen, WWO, gegründet, wobei zwischen 20 und 30 Arbeiterinnen in jedem Dorf die Organisation bildeten. Insgesamt sind mittlerweile rund 250 Frauen an den Arbeiterinnenkomitees beteiligt.

Jede WWO kommt einmal im Monat zu einer Sitzung zusammen, um Probleme zu erörtern und um festzulegen, wann, wo und wie das Problem gelöst werden soll und welche Mitglieder dafür die Verantwortung übernehmen. Dazu gehören z.B. gemeinsame Anträge bei Regierungsstellen auf Fördergelder. Oder die Gruppen erarbeiten Lösungen, wie die Sicherheit von Frauen in Regierungsprogrammen besser gewährleistet werden kann. 
Diese Aktivitäten führten bereits zu Ergebnissen: So konnte sich eine WWO die Rechte auf die von ihnen genutzten Landflächen sichern, eine andere erreichte die Auszahlung von Fördergeldern. Wiederum eine andere ereichte, dass für Migrantenfamilien aus dem Dorf die Dokumente aktualisiert wurden, damit diese Arbeitsausweise erhalten konnten. Auch Witwenrenten, Alters- und Behindertenrenten wurden beantragt und ausgezahlt. 


Aktionen in der Landwirtschaft

Um den Folgen des Klimawandels und vor allem dem Wassermangel zu begegnen, haben die Frauen auch die Landwirtschaft auf organisch umgestellt und robustere Ackerpflanzen eingeführt. Dazu gehört der schwarze Paddy, der fast nur noch von den Angehörigen der indigenen Kole angebaut wird. Frauen des WWO gingen daher in die Kole-Dörfer und baten die Dorfbewohnerinnen um Saatgut und Infos für den Anbau. Denn der schwarze Paddy wird zusammen mit anderen Reissorten angepflanzt, um ihn vor Krankheiten zu schützen. Der Anbau erfolgt nach einer organischen Methode, die die Bodenfruchtbarkeit erhöht.

Außerdem beschlossen drei WWOs auf einigen Landstücken kollektive Landwirtschaft zu betreiben. SMS hat ihnen Saatgut für Gemüse und Hülsenfrüchte sowie biologische Pflanzenschutzmittel zur Verfügung gestellt. Zurzeit betreiben rund 40 Frauen auf dieser Gemeinschaftsfläche biologischen Anbau von Gemüse.
 

Gemeinschaft macht Mut

Wie stark der Zusammenschluss mit anderen Frauen das Leben verändern kann, zeigt auch das Beispiel der Adivasi-Frau Pukli Mahto (Name geändert) aus dem Dorf Vrindavan.

Pukli Mahto hatte sich kurz nach Beginn der Coronapandemie der WWO angeschlossen und begann für diese zu arbeiten. Außerdem nahm sie in anderen Dörfern Kontakt zu lokalen Aktivistinnen auf. Als Dorfbewohnerin nahm sie auch zweimal im Jahr an den Sitzungen der Gemeindeversammlung (Gram Sabha) teil, wo sie besonders die Probleme von Migrantinnen und anderen Frauen zur Sprache brachte.
Als dann im Bundesstaat Jharkhand Gemeinderats-Wahlen anstanden, wurde sie von der Föderation der Arbeiterinnen-Organisationen gebeten, eine Kandidatur für das Amt des Panchayat Samiti einzureichen. Sie hatte Erfolg und wurde gewählt. Als Gemeinderätin setzt sie sich nun vor allem für die ärmeren Dorfbewohner:innen, alleinstehende Frauen und Familien mit behinderten Mitgliedern ein, damit diesen die Vorteile der staatlichen Programme zukommen.

Projektinfo als PDF