Frauenrechte und Feminismus im Senegal

Im Senegal fehlt es nicht an einem rechtlichen Instrumentarium zum Schutz von Frauen und Mädchen. Senegal hat auch große Anstrengungen unternommen, um sein innerstaatliches Recht zur Förderung der Frauenrechte mit internationalem Recht zu harmonisieren. Dabei geht es aber eher um die Pflege des diplomatischen Images als um eine grundlegende Verbesserung der Situation von Frauen.

So wurden die meisten internationalen Abkommen und Verträge in diesem Bereich von den aufeinanderfolgenden Regierungen ratifiziert und in die Verfassung aufgenommen. Die UN-Frauenrechtekonvention von 1979 (Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) wurde 1985 vom Senegal ratifiziert, das Protokoll zur Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker über die Rechte der Frauen („Maputo-Protokoll“) 2005.

Gute Gesetze dank aktiven Frauenrechtlerinnen

Seit den 1980er Jahren kämpfen senegalesische Frauen für die Verbesserung des Status der Frau in der patriarchalisch geprägten senegalesischen Gesellschaft. Es wurden die ersten Frauenverbände gegründet, deren Hauptziel es war, die soziale und politische Gleichstellung von Männern und Frauen zu erreichen. Zu nennen ist hier besonders die 1984 gegründete „Yewwi Yewwu“ („Für die Befreiung der Frau“). Kurz zuvor hatten feministische Intellektuelle wie Mariama Ba in ihrem Buch „Ein so langer Brief“ die negativen Bedingungen für Frauen in der senegalesischen Gesellschaft angeprangert.

Auch wenn der damalige Feminismus in der mehrheitlich muslimischen Gesellschaft mit ihrer patriarchalischen Kultur nicht zu einer wirklich breiten Bewegung werden konnte, hat er doch beachtliche Errungenschaften angestoßen.

Wir können in diesem Zusammenhang die Reform des Familiengesetzbuches von 1989 zitieren, die Frauen die volle Handlungsfähigkeit zuerkannte: „Artikel 371: Die Frau ist voll handlungsfähig und kann das Vermögen, das sie in Ausübung eines vom Ehemann getrennten Berufs erworben hat, frei verwalten.“ Die senegalesische Frau kann auch als verheiratete Frau ohne die Unterstützung des Mannes, sei es Vater, Ehemann oder Bruder, Land erwerben.

Ein Meilenstein ist auch das Paritätsgesetz von 2010, das bei allen Wahlen eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen auf den Wahllisten vorschreibt sowie ein Gesetz, das Frauen einen besseren Zugang zu höheren Studiengängen ermöglicht.

Andere Lebensrealitäten auf dem Land

Es wäre ein grundlegender Fehler, sich auf den gesetzlichen oder institutionellen Rahmen zu beschränken, um die Entwicklung des Status der Frau in der senegalesischen Gesellschaft zu beurteilen. Aussagekräftiger sind hier die Lebensrealitäten und konkreten Erfahrungen von Frauen, insbesondere derjenigen, die auf dem Land leben. Der Zugang zu sozialen und wirtschaftlichen Rechten ist für sie bei weitem nicht garantiert. Auch kulturelle Normen stellen immer noch eine Blockade für ihre Entfaltung dar.

Es ist gut, dass die Parität in den Wahllisten durchgesetzt wird, aber was nützt das, wenn die Frauen von der Hausarbeit und den Tätigkeiten auf dem Feld so eingenommen werden, dass sie kaum Zeit haben, sich in der Politik zu engagieren. Darüber hin - aus haben nur 13% der Frauen Zugang zu Land. In einigen Gebieten gibt es immer noch Zwangsheirat, obwohl das Familiengesetzbuch die Zustimmung der Heiratenden für die Gültigkeit einer Ehe* voraussetzt. Die Müttersterblichkeitsrate ist ebenfalls hoch und liegt bei über 400 pro 100.000 Geburten.

 

Gesetze und Verordnungen zugunsten der Frauen sind noch weit davon entfernt, wirklich wirksam zu werden. Dies lässt sich auch dadurch erklären, dass die Frauen sie nicht einfordern, weil sie sie schlicht nicht kennen. Noch immer sind 62,3 % der Frauen in ländlichen Gebieten Analphabetinnen oder ihr Schulbildungsniveau ist gering. Die verabschiedeten Gesetze sind manchmal so technisch, dass selbst Frauen, die lesen können, sie nicht verstehen können und andere nicht einmal wissen, dass es sie gibt.

In diesem Zusammenhang ist die Rolle der Nichtregierungsorganisationen und der Zivilgesellschaft zu würdigen, die Frauen über ihre Rechte aufklären, sie sensibilisieren und somit auch eine sehr wichtige Rolle bei der Verteidigung der Frauenrechte spielen. Sie haben es den Frauen ermöglicht, ihre eigene Agenda zu entwickeln und ihr Netzwerk sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zu erweitern. So konnten sie wiederholt Druck ausüben, damit der Staat seine auf nationaler und internationaler Ebene eingegangenen Verpflichtungen zur Verbesserung der Bedingungen für Frauen erfüllt.

Dennoch muss noch viel Arbeit geleistet werden, um das Thema Frauen wieder in die öffentlichen Debatten einzubringen. Für einige Feministinnen wie Aida Niang, Jugendkoordinatorin der M23**, ist die senegalesische Frauenbewegung trotz der zahlreichen Herausforderungen, die sie erwarten, in eine Lethargie verfallen. Die neue Generation macht sich kaum die Forderungen der früher aktiven Frauen zu eigen. Die feministischen Vereinigungen werden immer noch von denselben Personen geleitet, die im Laufe der Jahre einen gewissen Bekanntheitsgrad und Legitimität erlangt haben. Dieser Mangel an generationeller Erneuerung stellt ein großes Hemmnis dar.

* Die Kinderheirat ist im Senegal seit 1972 verboten, aber nicht die Ehe Jugendlicher: Frauen dürfen ab 16, Männer aber erst ab 18 heiraten. Diese Diskriminierung gilt leider bis heute, daran hat auch die Reform des Familiengesetzbuches 1989 nichts geändert.
** M23: Das Bündnis aus der Zivilgesellschaft, das sich 2012 gegründet und erfolgreich gegen eine weitere Amtszeit von Adoulaye Wade mobilisiert hat.

Von Boubacar Diop

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