Erinnern Sie sich noch? 2015 hat sich die Staatengemeinschaft mit der Agenda 2030 auf einen ehrgeizigen Plan zur Bewältigung der globalen Herausforderungen verpflichtet. Bis 2030 soll der Hunger auf der Welt beendet (Ziel 2), die Armut drastisch reduziert (Ziel 1) und ein gesundes Leben für alle Menschen garantiert (Ziel3) sein.
Die anderen der insgesamt 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, SDGs, verordnen z.B. umgehenden Klimaschutz, Geschlechtergleichstellung, Abbau von Ungleichheit, die Förderung friedlicher und inklusiver Gesellschaften und weitere wichtige Verbesserungen.
2023 war Halbzeit beim Umsetzungsprozess. Doch die Bilanz in fast allen Bereichen ist erschütternd. Besonders die Covid-19-Pandemie und die Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine haben die stockende Umsetzung der Agenda 2030 noch weiter ausgebremst.
"Sollten die derzeitigen Trends anhalten, werden bis 2030 schätzungsweise sieben Prozent der Weltbevölkerung - etwa 575 Millionen Menschen - in extremer Armut leben", führt der Entwicklungsbericht der Vereinten Nationen (2023) aus. „Das entspräche einem Rückgang der Armut um gerade einmal 30 Prozent.“
Auch bei den meisten anderen Zielen, besonders Klimaschutz, sind die Staaten nicht auf Kurs. Und bei der Beseitigung des Hungers gibt es sogar Rückschritte. Laut dem Welternährungsbericht der UN von 2023 steigt die Zahl der hungernden Menschen auf der Welt eher als dass sie fällt. Rund 735 Millionen Menschen, fast ein Zehntel der Weltbevölkerung, hatten 2022 zu wenig zu essen.
Eine globale Milliardärssteuer könnte helfen
Was tun? Sicher wird es eine globale (und nationale) Umverteilung geben müssen, denn bei einem gerechten Zugang zu Ressourcen, Land und Vermögen müsste niemand in der Welt hungern. Aktuell fließen mehr Finanzmittel (z.B. durch Kapitalflucht und legale Steuervermeidung durch „Gewinnverlagerung“) aus dem Süden in den Norden als z.B. in Form von „Entwicklungshilfe“ in umgekehrte Richtung. Gerade deshalb muss der Norden seine Etats für Entwicklungszusammenarbeit aufstocken.
Ein Schuldenerlass gäbe den Südländern den Spielraum für eine selbstbestimmte Entwicklung. Wirksam wäre auch eine globale Milliardärssteuer, wie sie jüngst Brasiliens Lula da Silva ins Spiel gebracht hat (und derzeit beim Finanzministertreffen der G20 In Rio wiederholt), oder eine Reform der internationalen Entwicklungs- und Finanzinstitutionen.
Kleine Lichtblicke
Immerhin wird die Weltbank gerade etwas entwicklungstauglicher gemacht. Bei der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank im April 2024 sagten der Bank 10 Staaten zusammen 10,3 Milliarden Euro als Sicherungskapital zu, auf dessen Basis Kredite für Entwicklungs-, Klima- und Infrastruktur-Finanzierung zur Verfügung gestellt werden können. Den Reformprozess hat übrigens Entwicklungsministerin Svenja Schulze mit angestoßen, die Deutschland in der Weltbank vertritt.
Doch was die eine Hand gibt, nimmt die andere. Der deutsche Finanzminister stellt sich stur gegen eine globale Reichensteuer, obwohl sich sogar IWF-Chefin Kristalina Georgieva und Frankreich für diese aussprechen. Geschätzte 250 Milliarden Dollar könnten aus der Besteuerung der rund 3.000 Milliardär:innen weltweit für die Entwicklungsfinanzierung geholt werden.
Deutschland will ein Entwicklungsland bleiben
Auch eine Umverteilung von Vermögen innerhalb Deutschlands blockiert der Minister. Daher macht unser Land auch keine Fortschritte bei einigen SDGs, die ja, anders als die Vorgängerziele MDG*s, für alle Länder, also auch die Industrieländer, gelten. In Bezug auf das SDG 10, „die Ungleichheit zwischen und in den Staaten verringern“, bleibt Deutschland ein Entwicklungsland. In der EU gehört es zu den ungleichsten Ländern bei der Verteilung von Vermögen.** Doch mit der aktuellen Finanzpolitik Deutschlands wird es nicht möglich sein, „eine armutsorientierte Sozialpolitik, Lohn- und Fiskalpolitik“ umzusetzen, wie die Agenda 2030 das Ziel 10 konkretisiert.
*Millenium Development Goals, Vorgänger der SDGs, 2000 von Vereinten Nationen, Weltbank, IWF und OECD für das Jahr 2015 vorgegeben.
** Bericht der Bundesbank vom April 2024: „Gemäß der verteilungsbasierten Vermögensbilanz für den Euroraum bewegen sich die Gini-Koeffizienten der einzelnen Mitgliedsländer in einem Bereich von 56 % bis 77 %. Dabei rangiert Deutschland mit einem Wert von knapp 77 % am oberen Rand“.
Quelle der SDG-Symbole: www.un.org/sustainabledevelopment . Verpflichtende Anmerkung: “The content of this publication has not been approved by the United Nations and does not reflect the views of the United Nations or its officials or Member States”.
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