Auf welchem Weg befindet sich Togo?

Ein Vertreter der Bürgerfront aufrechtes Togo informiert

Trotz der großen Bürgerbewegungen von 2017-2018 scheint ein großer Teil der Bevölkerung in Togo heute desillusioniert. Die Hoffnungen auf Veränderung nach diesen Demonstrationen wurden enttäuscht, Einschüchterung und Repression halten viele Togoer heute davon ab, sich aktiv gegen das Regime zu stellen, so die Einschätzung von David Dosseh von der togoischen Bürgerfront FCTD (Front du Citoyen Togo Debout).

Im Gespräch in der ASW-Geschäftsstelle gab David Dosseh einen detaillierten Überblick über die Lage in Togo. Insbesondere zeigte er die großen Herausforderungen auf, denen sich Togos Opposition beim Kampf für die Demokratie gegenüber sieht.


Der „Verfassungsputsch“ von 2023

Der jüngste Akt, mit dem Togos Langzeitherrscher Gnassinbé die Bürger seines Landes aufgebracht hat, war die Einführung einer neuen Verfassung 2023 ohne vorherige  Volksbefragung. Die Opposition spricht daher von einem Verfassungsputsch. Denn die neue Gesetzgebung hat das Amt des Premierministers geschaffen, in das Gnassinbé selbst hinübergewechselt ist. Im Gegensatz zum Amt des Präsidenten unterliegt der Premier keiner Amtszeitbeschränkung. Gnassingbé hat sich damit eine lebenslange Stellung an Spitze der Exekutive gesichert.


Die Rolle der ECOWAS

In den Jahren 2015 und 2022 versuchte die westafrikanische Union ECOWAS, Reformen einzuführen, um die Amtszeiten von Präsidenten in den Mitgliedstaaten zu begrenzen. Togo widersetzte sich diesen Reformen, unterstützt von Ländern wie Senegal und der Elfenbeinküste, die ebenfalls versuchen oder - im Falle des Senegal - versuchten, die Amtszeiten ihrer Präsidenten zu verlängern.

Togos Blockadehaltung bei der Amtszeitbegrenzung spiegelt das mangelnde Demokratiebewusstein des Regimes wider. Die Zivilgesellschaft in Togo und Westafrika setzt sich für neue demokratische Reformen ein und fordert die ECOWAS auf, Druck auf autoritäre Regime auszuüben.


Manipulierte Wahlen

Bei den letzten Parlamentswahlen erzielte die Regierungspartei in Togo ein „sowjetisches Ergebnis“, indem sie 108 von 113 Sitzen gewann und die Opposition auf eine kleine Minderheit reduzierte. Der Grund ist unter anderem eine strategische Wahlkreiseinteilung durch das Regime. Weil die Partei von Gnassingbé ihre Machtbasis und ihre Wählerhochburgen im Norden hat, gibt es dort mehr Wahlkreise als im Süden. Weniger Menschen werden also deutlich besser durch Abgeordneter vertreten, im Süden, wo die Opposition stärker ist, braucht man mehr Stimmen, um Volksvertreter zu werden.
Außerdem werden die Wahlergebnisse oft in undurchsichtiger Weise veröffentlicht. Die Medien dürfen die Ergebnisse einzelner Wahllokale nicht öffentlich machen. Dieser Mangel an Transparenz untergräbt die Glaubwürdigkeit der Wahlen weiter.


Repression und Gewalt

Körperliche Gewalt gegen politische Gegner und Journalisten ist an der Tagesordnung, oft orchestriert von regierungstreuen Milizen. Ein Beispiel ist der Angriff auf den senegalesischen Abgeordneten Guy Marius Sagna im September 2023 während einer politischen Versammlung in Lomé. Solche Angriffe tragen zu einer Atmosphäre der Angst und Einschüchterung bei, selbst gegenüber ausländischen Parlamentariern.


Justiz als Instrument der Exekutive

Die togoische Justiz ist nicht unabhängig und wird zur Repression von Journalisten, politischen Aktivisten und Mitgliedern der Zivilgesellschaft eingesetzt. Viele Demokratie-Aktivisten sitzen seit den Protesten von 2017 und 2018 ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis.


Selbstzensur bei den Medien

Die Repression hat zu einer weit verbreiteten Selbstzensur unter den togoischen Medien geführt. Journalisten vermeiden es, sensible Themen wie die neue Verfassung oder Wahlbetrug anzufassen, aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen. Einige Journalisten mussten das Land verlassen, während diejenigen, die geblieben sind, sehr vorsichtig darüber entscheiden, was sie berichten.

Das Gespräch mit David Dosseh gab wenig Anlass zu großer Hoffnung. Das Regime in Togo scheint vorerst auf seinem autoritären Kurs zu bleiben. Es instrumentalisiert die Institutionen und manipuliert Wahlen, um an der Macht zu bleiben. Die Opposition dagegen wird hart unterdrückt.