Sinkende landwirtschaftliche Einkommen u.a. aufgrund des Klimawandels und steigende Preise für Grundnahrungsmittel gefährden die Ernährungssicherheit vieler Menschen im Globalen Süden. Das gilt auch für Kleinbäuer:innen. Obwohl gerade sie in vielen Ländern die wesentlichen Nahrungsproduzentinnen sind, verfügen viele nicht über ausreichende und nährstoffreiche Lebensmittel.
Um das auf lange Sicht zu ändern, braucht es weltweit mehr Klimaschutz und gerechtere Handelsstrukturen. Doch kurzfristig können auch kreative Ansätze vor Ort, vor allem in Regie von Frauen, viel bewirken.
„Um Familien in ländlichen Gebieten zu ernähren, ist es unerlässlich, dass Frauen im Zentrum des Systems der Nahrungsmittelproduktion stehen“, sagt zum Beispiel Ndeye Fatou, die fachliche Leiterin unserer senegalesischen Partner-NGO APAF. „Durch die Kombination von Gemüseanbau, Fischzucht in Teichen und Viehzucht auf einem Gemeinschaftsfeld sichern Frauen souverän und nachhaltig die Versorgung ihrer Familien.“
Agroforst mit Fisch im Senegal
Das Gemüse, das die APAF-Bäuerinnen ziehen, gedeiht vor allem im Schatten von Bäumen und Sträuchern, denn sie betreiben ein Agroforst-System. Wichtig sind dabei düngende Leguminosenbäume, die Stickstoff binden und dadurch ausgelaugte Böden wieder aufbauen. Dazwischen gepflanzte Moringa und Obstbäume sowie das in ihrem Schatten gedeihende Gemüse dienen direkt der Ernährung.
Die Dorfgruppen haben dem neuerdings einen weiteren Baustein hinzugefügt. In den Wasserauffangbecken, aus denen die Gärten in der Trockenperiode bewässert werden, ziehen sie eine im Senegal beliebte Welsart. Die Fische werden mit Resten der landwirtschaftlichen Kulturen gefüttert, das dadurch sehr nährstoffreiche Wasser aus den Teichen düngt die landwirtschaftlichen Kulturen.
Mit Trocknungsapparaten, die die Frauen über APAF erhalten, werden Fisch, Gemüse und Obst haltbar gemacht. Das bereichert die Ernährung in der Nacherntezeit, ein Teil der Produkte kann aber so auch besser vermarktet werden.
Mehr Ernährungssicherheit durch ganzjährigen Anbau
Eine weitere Besonderheit des Ansatzes ist, dass auf ein und derselben Parzelle mehrere Aktivitäten integriert werden. Normalerweise findet die Landwirtschaft im Senegal nur während der Regenzeit im Sommer statt. Die Bäuerinnen haben nur 3 Monate Zeit, über Hauptsaisonpflanzen die Nahrung für ein ganzes Jahr zu produzieren. Mit dem Agroforstsystem von APAF wird 12 Monate geackert und geerntet.
Zwischen den Bäumen, die die Erde feucht halten, und mit der Wasserzufuhr aus den Wassertanks, können auch Nebensaisonpflanzen angebaut werden. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich die Verbesserung bei der Nahrungsversorgung vorzustellen.
Gemüse an 365 Tagen – Ein indisches Modell
Ähnlich, aber doch sehr besonders sind die Ernährungsgärten, „Nutrigardens“, unserer neuen indischen Partnerorganisation Amrutha. Zwei konzentrische Kreise aus jeweils sieben Beeten, innen die niedrig wachsenden Gemüse wie Aubergine, Tomaten, Kartoffeln, Karotten, Rote Bete, Lady Fingers. Im äußeren Kreis die höherwachsenden Blattgemüse wie Palak (Spinat), Thotakura (Amaranthblätter), Gongura (eine Art Sauerampfer). In der Mitte der Kreise eine Kompostgrube. Die 7 Beete stehen für die sieben Tage, in der dieser innovative Küchengarten Gemüse liefern soll.
Zu Beginn des Zyklus kann die Bäuerin an einem Tag das erste innere Beet mit Gemüse und das äußere Beet mit Blattgemüse nutzen, am zweiten Tag wird sie zum zweiten inneren und äußeren Beet gehen. Auf diese Weise kann sie 7 Tage lang einen Ertrag erzielen. Ab der nächsten Woche, nach Ablauf der 7 Tage, ist das Beet des ersten Tages wieder für die Ernte bereit, und so weiter. Kriechende Sorten und Bananenstauden werden am Rande angebaut, was zur Abwechslung im Speiseplan beiträgt.
Auch dieses Küchengartenmodell versorgt eine Familie für 365 Tage im Jahr mit nahrhaftem Gemüse.
Auch die Natur erhält, was ihr zusteht
Neben der Ernährung profitiert in beiden Modellen auch die Ökologie: Wenn Baumpflanzungen mit Gemüsegärten kombiniert werden, überleben – anders als bei manchen Aufforstungsprojekten – die Bäume in großer Zahl. Denn die Gärtnerinnen kümmern sich um die gepflanzten jungen Bäumchen. Und dank der organischen Düngung – hier mit Leguminosen, dort mit Kompost – wird die Erde wiederbesiedelt mit Bodenbakterien.
Außerdem regeneriert sich durch die Bedeckung des Bodens mit Pflanzen der Wasserhaushalt.
„Wir müssen dem Land zurückgeben, was ihm gehört, wenn wir wollen, dass es uns gibt, was wir von ihm erwarten“, resümiert Fatimata Diop, die APAF-Chefin, diese zweite Voraussetzung von Ernährungssicherheit. Diese ist also nur im Einklang mit der Natur zu haben.
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