Senegals neuer Präsident 100 Tage im Amt

Diomaye Faye erklärt 100 Tage nach Amtsantritt seine wichtigsten Vorhaben zur Verbesserung der Landwirtschaft, zur Inflationsbekämpfung und Justizreform.

Von Boubacar Diop, 20.08.2024

Während meines Urlaubs Anfang August in Senegal war Bassirou Diomaye Faye 100 Tage im Amt. Es ist eine Medientradition im Senegal, die ersten 100 Tage jeder neuen Regierung zu bewerten. Senegals neuer Präsident gab der nationalen Presse aus diesem Anlass ein Interview. Die wichtigsten Vorhaben des neuen Präsidenten stellen wir im Folgenden vor. Zentral ist dabei eine Kampagne zur Verbesserung der Landwirtschaft, die Bekämpfung der hohen Lebenshaltungskosten sowie der Dialog über die Justiz.


Die Justiz soll wieder unabhängig werden 

Der Dialog über die Justiz hat für Diomaye Faye einen hohen Stellenwert. Denn er sieht in der unter Macky Sall gewachsenen Abhängigkeit der Justiz von der Exekutive eine der Hauptursachen für die politische und soziale Instabilität der letzten Jahre. Es sei daher dringend notwendig, die Justiz zu reformieren, um mit den alten, für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit schädlichen Praktiken zu brechen. Dazu soll die Reform inklusiv durchgeführt werden – unter Beteiligung aller sozialer Schichten und aller betroffenen Akteure.


Senkung der Preise für Grundnahrungsmittel

Grundnahrungsmittel wie Öl, Reis und Zucker sollen billiger werden. Erste  Notmaßnahmen unter Einbeziehung aller Handelsakteure und Produzenten wurden eingeleitet.
Doch um das Problem der Inflation und der hohen Lebenshaltungskosten zu lösen, bedarf es langfristiger Strukturveränderungen. Der Senegal importiert einen Großteil seiner Konsumgüter. Der einzige Hebel, den der Staat hat, um die Preise zu senken, ist die Subventionierung oder die Senkung der Steuern. Daher will Senegal seine Abhängigkeit von Importen reduzieren.


Verbesserungen für die Landwirtschaft

Ein Baustein dazu ist die Förderung der Landwirtschaft und Viehzucht und die Verbesserung der Lage der Bauern. Für die landwirtschaftliche Saison (Juli - Dezember) wurden den Landwirten umfangreiche Mittel (Saatgut, Dünger, Geräte) zur Verfügung gestellt. Dieses Mal hat die Regierung in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium und den dezentralen Behörden wie Gouverneuren und Präfekten ein Kontrollsystem für die Verteilung der Produktionsmittel eingeführt. Der Grund dafür ist, dass die Bauern in der Vergangenheit darauf hingewiesen haben, dass die meisten der vom Staat zur Verfügung gestellten Mittel nicht bei ihnen ankommen. Sie wurden oft von Lokalregierungen bzw lokalen Beamten abgezweigt und auf dem Markt weiterverkauft.


Besteuerung von Unternehmen

Ein weiteres Thema ist die Finanzierung der wirtschaftlichen Entwicklung. . Statt auf Verschuldung will die Regierung auf die konsequentere Besteuerung von Unternehmen setzen und mit diesen Einnahmen Entwicklungsprogramme finanzieren Mehrere nationale und multinationale Unternehmen im Senegal verstoßen regelmäßig gegen das senegalesische Steuerrecht. Dem Staat entgehen große Beträge, da dieseUnternehmen aufgrund von Korruption und mithilfe von Steueroasen keine Steuern zahlen. So wurde das Unternehmen Wood Side, das im senegalesischen Ölsektor tätig ist, kürzlich zur Zahlung von 41 Milliarden CFA-Francs (68,68 Millionen US-Dollar) an den senegalesischen Staat verurteilt.

Dasselbe gilt für das Unternehmen "Premier Bet" von Joris Dunkel im Bereich der Sportwetten, das dem Senegal 12 Milliarden Steuern schuldet.


Neue Verträge über die Ausbeutung der Ressourcen

Der andere Hebel zur Entwicklungsfinanzierung sind Einnahmen aus einem guten Management der natürlichen Ressourcen. In diesem Punkt bestätigte Präsident Diomaye Faye in seinem Interview den festen Willen der Regierung, die Verträge zwischen dem Staat und den multinationalen Unternehmen in den Bereichen Bergbau, Gas und Öl neu zu verhandeln. Laut Faye laufen die Verhandlungen bereits. Die PASTEF war immer der Ansicht, dass die von Macky Salls Regime unter skandalösen Bedingungen unterzeichneten Verträge massiv gegen Senegals Interessen verstießen.


Senegals Gesellschaft scheint befriedet

Das soziale Klima im Senegal scheint derzeit wieder gut. Die Bevölkerung geht normal ihren Geschäften nach. Doch der Durst nach Gerechtigkeit ist noch nicht gestillt. Diese wird insbesondere von den direkten und indirekten Opfern des Regimes von Macky Sall eingefordert. Premierminister Ousmane Sonko bekräftigte kürzlich bei einem Treffen mit den Jugendlichen seiner Partei PASTEF, dass für alle Verbrechen und Vergehen Gerechtigkeit geschaffen werde.

Eine interessante Frage dabei ist, ob das zuletzt auf Initiative von Macky Sall verabschiedete Amnestiegesetz, aufgehoben wird. Das Gesetz löscht alle politischen Verbrechen und Vergehen, die zwischen 2021 und 2023 begangen wurden. Für viele Senegales:innen wäre es inakzeptabel, dieses Gesetz unangetastet zu lassen.
Es ist jedoch zu beachten, dass nur die Nationalversammlung das Gesetz aufheben kann. Bisher hat die Koalition Benno Bokk Yakkar von Ex-Präsident Macky Sall die Mehrheit im Parlament.


Neuwahl des Parlaments

Im September sind die Abgeordneten jedoch zwei Jahre im Amt und die Verfassung erlaubt es dem Präsidenten der Republik, die Nationalversammlung aufzulösen. Innerhalb von drei Monaten muss er dann den Termin für die nächsten Parlamentswahlen festlegen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Senegales:innen im Dezember erneut an die Wahlurnen treten werden, um neue Abgeordnete zu wählen.

Dies wird eine weitere Gelegenheit sein, das derzeitige Regime zu bewerten und zu entscheiden, ob es die parlamentarische Mehrheit erhält, die es braucht, um die Reformen umzusetzen oder den versprochenen Umbruch herbeizuführen.