Seit 1975, also nunmehr fast 50 Jahren, leben die Flüchtlinge aus der Westsahara in fünf Lagern in der algerischen Wüste, nahe der Stadt Tindouf. Inzwischen ist dort die dritte Generation von Menschen mit Flüchtlingsstatus herangewachsen, die ebenso wie ihre Eltern und Großeltern auf eine Rückkehr in ihr Territorium und eine Unabhängigkeit der Westsahara von Marokko orientiert sind.
Internationale Hilfe und Selbstorganisation
UN-Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und diverse Staaten haben durch humanitäre Hilfe bisher das Überleben der geflüchteten Sahrauis und ihrer Nachkommen garantiert. Algerien, das die Flüchtlingslager beherbergt, ermöglicht durch öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur wie Straßen, Elektrizität, Telekommunikation, Gesundheitsversorgung und Sekundarbildung ein halbwegs normales und menschenwürdiges Leben in den Lagern. Dazu tragen aber auch die rund 170.000 Bewohner:innen selbst bei, die in den langen Jahren ihres Exils Strukturen der Solidarität, Gemeinschaftsbeteiligung und der guten Nachbarschaft aufgebaut haben.
Rund 40 Prozent der Menschen gehen einer Beschäftigung nach, vornehmlich im Kleinhandel, Reparatur, Automechanik, Schreinerei, Viehzucht oder aber in der Verwaltung, in Schulen oder Gesundheitseinrichtungen. Die Verdienste sind gering, so dass letztlich eine große Mehrheit der Sahraoui-Flüchtlinge bis heute auf internationale Hilfslieferungen angewiesen ist. Und damit in einer prekären Situation verbleibt, denn die humanitären Maßnahmen für sie sind chronisch unterfinanziert.
Hohe Lebensmittelpreise – akute Versorgungsengpässe
Seit der COVID-Pandemie und dem Anstieg der Lebensmittelpreise infolge des Ukraine-Kriegs hat sich die Mangelsituation verschärft. Das World Food Programme, WFP, schätzt, dass 88 Prozent der Bevölkerung entweder von Ernährungsunsicherheit bedroht oder betroffen sind. Ein gemeinsames Monitoring vom UN Flüchtlingshilfswerk UNHCR und WFP der Jahre 2021-2023 ergab zudem, dass mehr als 94 % der Haushalte auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind.
Frauen und Kinder sind mangelernährt
Die unzureichende Versorgung seit Corona und Ukrainekrieg zeigte sich bereits 2022 in einer Verschlechterung der Ernährungssituation von Kindern und Frauen. Dem Präsidenten des Saharauischen Roten Halbmonds, Buhubeini Yahia zufolge leiden 3 von 4 Frauen unter Anämie und ein Drittel der Kinder sind chronisch mangelernährt. „Die Versorgung muss aufgestockt werden, so wie es auch die Resolution des UN-Sicherheitsrates 2703 (Absatz 15) von 2023 fordert“, erklärt Buhubeini Yahia. Um von den reichen UN-Mitgliedsstaaten erhöhte freiwillige Beiträge für die humanitäre Hilfe einzuwerben, reist Buhubeini Yahia zur Zeit in Europa umher und besuchte bei der Gelegenheit auch die ASW.
Unterstützung aus Europa ist zentral
Traditionell kommen die meisten Zusagen aus Spanien, das als ehemalige Kolonialmacht den Menschen der Westsahara besonders verbunden ist. Doch auch die Schweiz und Italien sind zuverlässige und großzügige Geber. Deutschland, so Yahia, habe für 2024 1 Mio als Beitrag für das UNHCR und 0,5 Mio für das WFP zugesagt. Die UN-Institutionen sind dabei die wichtigsten Verteilerstellen, das WFP leitet 37 % und das UNHCR 35 % der Hilfe weiter, die sich wiederum in Nahrungsmittelhilfe (bei weitem der größte Posten), Wasser, Sanitär und Hygiene (WASH), Bildung, Gesundheit usw aufgliedert.
Buhubeini Yahia vom sahrauischen Roten Halbmond besucht ASW
Doch auch Nichtregierungsorganisationen tragen ihren Teil bei, größere wie z.B. Oxfam (mit 2,4 % der Hilfe), aber auch kleinere wie die ASW, die zwar keine direkte humanitäre Hilfe leistet, aber mit Gartenprojekten in den Flüchtlingscamps zu einer besseren Ernährung der Menschen beiträgt. Zum ASW-Gartenprojekt
Unserer jahrelangen Unterstützung der Geflüchteten der Westsahara hatten wir denn auch den Besuch von Buhubeini Yahia vom sahrauischen Roten Halbmond im Büro der ASW zu verdanken, der uns im Gespräch auch neue Impulse für unsere künftige Arbeit in den Flüchtlingslagern vermittelte.
Isabel Armbrust, 15.07.2024
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