Burkina Faso - Terror und Machtspiele auf Kosten der Bevölkerung


Burkina Faso erlangte am 5. August 1960 seine Unabhängigkeit. 63 Jahre später gibt es nur wenig zu feiern. Der Klimawandel, steigende Nahrungspreise und bewaffnete Gruppen machen besonders der verarmten bäuerlichen Bevölkerung zu schaffen. Positive Akzente setzen ASW-Partnerorganisationen wie APFG oder ODJ, die die Partizipation der Menschen in den Goldabbaugebieten stärken oder Binnenvertriebenen eine Perspektive bieten.

Schon 2016 geriet Burkina Faso mit den ersten Anschlägen, die Al-Qaida und dem „Islamischen Staat“ nahen islamistischen Gruppen zugeschrieben wurden, in den Strudel des Konfliktes in der Sahel-Region, der sich von Mali und Niger aus immer mehr ausbreitete. Seitdem reißt die Serie an Anschlägen nicht ab und das Operationsgebiet der bewaffneten Gruppen erstreckt sich über immer mehr Territorium, inzwischen sogar bis über die Grenze nach Togo hinaus.

Der burkinische Staat wurde von der Situation zunehmend überfordert und setzte sogar auf zivile Milizen, die von der Regierung bewaffnet wurden und als Hilfstruppen der Armee fungierten. Doch sowohl diese als auch die Armee verüben zunehmend selber Gräueltaten, die sich besonders gegen die Gruppe der Peul richten, denen eine Nähe zu den Islamisten unterstellt wird. Trotz der zusätzlichen, langjährigen Präsenz von französischen Truppen, die im Kampf gegen die bewaffneten Gruppen seit Jahren in Burkina im Einsatz waren, eskalierte die Lage immer mehr, und verursachte eine beispiellose innere Fluchtbewegung.

Überforderter Staat und Binnenflucht

Inzwischen wurden über 2 Millionen Menschen (ca. 10% der Bevölkerung), ein Großteil von ihnen Frauen und Kinder, aus ihren Gemeinschaften in überfüllte Stadtgebiete oder behelfsmäßige Lager vertrieben. Oft leben sie unter sehr prekären Bedingungen in der Hauptstadt Ouagadougou, aber auch in anderen Städten wie Gaoua, wo unsere Partnerorganisation APFG auf die Lage reagiert hat und spezielle Programme für geflüchtete Frauen anbietet.

In dieser zunehmend verzweifelten Lage putschte die Armee am 23.1.2022, auch um der Bevölkerung ein Zeichen des Aufbruches und der Stärke zu geben, und der korrupten Elite um Präsident Roch Kaboré und den zunehmend unbeliebten Franzosen die Stirn zu bieten. Doch die erhofften Erfolge blieben aus, und so folgte lediglich acht Monate später, am 30.09.2022, ein zweiter Putsch einer rivalisierenden Gruppe innerhalb der Armee. Dieser hatte u.a. zur Folge, dass Burkina Faso inzwischen vom Westen diplomatisch isoliert wird, und sich möglicherweise Russland annähert. Diese Vermutung wurde dadurch verstärkt, dass die aktuell regierende Militärjunta mit der berüchtigten Wagner-Gruppe kooperieren soll, und auch eine Konzession für eine große Goldmine an ein russisches Unternehmen vergeben wurde, dem eine Nähe zu dieser Gruppe unterstellt wird.

Die Rechnung zahlt die Bevölkerung

Im Schatten dieser geopolitischen Machtspielchen stehen die wirklich Leidtragenden dieser dramatischen Entwicklungen: die Menschen in Burkina Faso. Das Land gehört zu den zehn ärmsten Ländern der Welt, mehr als eine Million Kinder können nicht zur Schule gehen, die staatliche Entwicklungszusammenarbeit des Westens zieht sich zurück, und das Land rutscht auch wegen der sich verschlechternden klimatischen Bedingungen im sog. „Welthunger-Index“ immer mehr ab (Rang 96 von 121 erfassten Ländern). Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat dazu beigetragen, dass die Lebensmittelpreise im Land rasant angestiegen sind und sich viele Menschen infolgedessen keine Lebensmittel mehr leisten können, während Überschwemmungen und Dürren die Ernten schmälern. Laut einer Umfrage von Save the Children gaben 57% der Befragten an weniger zu essen, um Mahlzeiten zu sparen, wobei rund ein Drittel der Menschen sogar regelmäßig ganztägig auf Essen verzichtet. Umso bewundernswerter und wichtiger erscheint in einem solchen Zusammenhang die Arbeit unserer Partner ODJ, SOS Energie, APFG und besonders deren Einsatz für die Binnenvertriebenen.

Von Christophe Mailliet

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