Weltklimakonferenz in Baku

Magere Klimafinanzierung und ein schlechter Deal zu CO2-Gutschriften


Ich bin gestern von der COP 29 aus Baku zurückgekommen, wo es nicht gelungen ist, die Industrieländer, die am meisten für den Klimawandel verantwortlich sind, zu einem wirksamen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise zu bringen. Sie haben auch kein faires Ziel für die Klimafinanzierung beschlossen“, schreibt uns unsere brasilianische Partnerin Sara Perreira von FASE Amazonia am 25.11.24.

Sie ist nur eine von vielen kritischen Stimmen aus dem Globalen Süden zum diesjährigen Megaevent in Aserbaidschan. Und nicht die einzige, die besonders das Ergebnis des wichtigsten Verhandlungspunktes auf der Baku-Agenda, Klimafinanzierung, völlig unbefriedigend findet.


Streitpunkt Klimafinanzierung 
 

Für Klimaschutz und Anpassung sollen die reichen Länder nun bis 2035 jährlich 300 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen – statt der bisherigen 100 Milliarden. Die „Entwicklungsländer“ hatten das 4-fache gefordert, mindestens aber 500 Milliarden jährlich, was immer noch deutlich unter dem errechneten Bedarf liegt.
Und bei dem 2023 auf der 28. COP in Dubai gestarteten (freiwilligen) Fonds für Verluste und Schäden (Loss-and Damage) zeigten sich die wohlhabenden Staaten in Baku ebenfalls knausrig. Es wurde versprochen, diesen auf rund 760 Millionen $ aufzustocken.
Die Vertreterin des westafrikanischen Nigeria auf der COP nannte die vereinbarte Summe zur Klimafinanzierung sogar "eine Beleidigung". Sie wird dabei im Hinterkopf gehabt haben, dass die Industrieländer bei einem echten Ausgleich für ihre aktuellen und früheren Emissionen sehr viel tiefer in die Tasche greifen müssten. So hat das Autorenduo  Fanning/Hickel 2023 in einer vielbeachteten Studie  berechnet, dass die Industrieländer und die Ölmonarchien für ihre allein seit 1960 in die Atmosphäre geschickten (und dort noch lange verbleibendenden) CO2-Mengen 192 Billionen US$ (192.000 !!! Mrd) als Ausgleich an die "Entwicklungsländer" zu entrichten hätten.


Anstrengungen zur Vermeidung von Emissionen passé?
 

In Bezug auf den globalen Emissionsausstoß hat die Konferenz in Baku nicht nur nichts bewegt. Sie hat sogar ein falsches Signal gesetzt: Gleich zu Anfang der Konferenz wurden, weniger beachtet als andere Themen, neue Regeln für den Handel mit CO2-Zertifikaten beschlossen. Auch Staaten können künftig Emissionsminderungen untereinander verrechnen. Bisher war der Markt mit Emissionsgutschriften privat und entsprechende Projekte, über die "Carbon Credits" generiert wurden, dienten großen Unternehmen wie Shell oder VW zur Aufbesserung ihres Images.

Dieser Carbon Credit-Deal von Baku ist nicht nur ein Schritt zur Aufweichung von ambitionierten CO2-Reduktionszielen in den Industriestaaten. Er stößt auch ein Tor auf zu einer weiteren Ausbeutung des Globalen Südens und besonders der schwächsten dortigen Gemeinschaften. Denn Waldschutz- oder Aufforstungsprojekte entstehen oft auf indigenem oder kleinbäuerlich genutztem Land. Und von den Eliten vor Ort ist bei Landnutzungsfragen kein Schutz der traditionellen Bevölkerung zu erwarten.  

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