Simbabwe

Die einstigen Befreier haben die Ökonomie und die Demokratie ruiniert

Simbabwe ist ein afrikanischer Binnenstaat, nördlich von Südafrika. Im Westen grenzt es an Mosambik. Botswana, Namibia und Sambia sind weitere Nachbarn, wobei sich letzterer mit Simbabwe die wohl berühmteste Sehenswürdigkeit des Landes teilt: Die gigantischen Victoriafälle, die im Westen als Sambesi-Fluss 100 m in die Tiefe stürzen. In Simbabwe leben verschieden Ethnien. Die größte Gruppe sind die Shona mit 75 % und die Ndebele mit 18 % Bevölkerungsanteil. Ihre beiden Sprachen (Shona und Ndebele) und Englisch sind als Amtssprachen anerkannt.


Dürre als Folge des Klimawandels?

Die tropisch anmutende Vegetation rund um die Victoriafälle ist nicht repräsentativ für das gesamte Land. Hält sich im Westen ein immergrüner Regenwald, so wird die Landschaft im Matabeleland Richtung Süden immer trockener und die Vegetation einseitiger. Schon 2019 wurde das gesamte Land von einer großen Dürre heimgesucht, die vielen Menschen und Tieren das Leben kostete. Im Frühjahr 2024 wurde jedoch erneut der Katastrophenzustand in Simbabwe ausgerufen. Das Klimaphänomen El Niño führte zur größten Trockenheit seit Jahrzehnten.

In der eigentlichen Regenzeit zwischen November und April ist kaum ein Tropfen Wasser gefallen. Das betrifft rund 80 % des Landes. Für die Menschen bedeutet das Hunger und Durst, denn ungefähr 70 % der rund 15 Mio. Simbabwer:innen betreiben kleinbäuerliche Landwirtschaft als Lebensgrundlage. Und auch, wenn Dürreperioden schon immer Teil des simbabwischen Lebens sind, so treten sie seit einigen Jahren intensiver, in Form von höheren Temperaturen auf, berichten uns ASW-Partner:innen vor Ort.


Kolonialzeit und Unabhängigkeit

Simbabwe war einst Kolonie Großbritanniens und wurde nach dem Unternehmer Cecil Rhodes „Rhodesien“ genannt, der 1888 mit der Ausbeutung der Diamant- und Goldvorkommen und dem Aufbau der British South African Company begann. Im Gefolge von deren Armee, geködert mit Versprechen auf Gold und Land, kamen weiße Siedler, deren Nachfahren die weiße Minderheit im Land bilden.
Während das britische Protektorat Nordrhodesien 1964 als Sambia seine Unabhängigkeit erlangte, musste „Südrhodesien“ bis zur Ausrufung des unabhängigen „Simbabwe“ noch bis 1980 warten. 1965 gab es den Versuch einer Unabhängigkeit durch den vom südafrikanischen Apartheidstaat unterstützten Ian Smith. Dessen Staat „Rhodesien“ wurde aber von der Bevölkerungsmehrheit abgelehnt und international nicht anerkannt, weil er die weiße Vorherrschaft zementierte. Erst die beiden Guerrilla-Bewegungen ZAPU und ZANU erzielten durch ihren Kampf und Vermittlung der Briten (Lancaster-House-Abkommen) 1980 die staatliche Unabhängigkeit. Noch heute findet man überall im Land Hinweise auf die ehemalige Kolonialisierung in Form von Statuen, wie die des Missionars und Afrikaforschers David Livingstone, britische Kolonialbauten und uniforme Dienstkleidungen in allen erdenklichen Berufssparten.


Aufstieg und Fall eines entkolonisierten Landes

1980 bei den ersten Wahlen erzielte die ZANU von Robert Mugabe 60 Prozent der Stimmen. 1987 fusionierte die ZAPU mit ZANU zur ZANU-PF (Zimbabwe African National Union-Patriotic Front). Robert Mugabe, erst Premierminister, später Präsident des Landes, blieb bis 2017, zwei Jahre vor seinem Tod, die dominierende politische Figur des Landes.

Anfangs erzielte er mit seiner Politik große Erfolge, indem er für alle Menschen Bildungs- und Gesundheitsprogramme entwickelte und die kleinbäuerliche Landwirtschaft subventionierte. Simbabwe avancierte zur „Kornkammer Afrikas“, die Alphabetisierungsrate stieg. Schwer verschuldet wurde Mugabes Regentschaft jedoch zunehmend autoritärer, woraufhin sich ausländische Geldgeber(länder) zurückzogen und das Land mit Finanzsanktionen sowie einem Rüstungsembargo belegten.


Von der Landreform profitieren nur wenige Kleinbauern und -bäuerinnen

Wurde er zu Beginn noch von allen Seiten für seine versöhnende Politik zwischen Weißen und Schwarzen geachtet, enteignete Mugabe mit einer Landreform Ende der 1990er Jahren weiße Farmer entschädigungslos. Ganze weiße Familien kamen bei gewaltsamen Farm-Besetzungen ums Leben. Schon Jahre zuvor setzte Mugabe, selbst der Ethnie der Shona angehörend, das Militär für ein Massaker an den Ndebele ein. Von seinen Machenschaften profitierten vor allem kleine Parteieliten, die sich u.a. im kommerziellen Agrarsektor festsetzten. Zuvor machten die weißen Farmer den Hauptteil der ernährungssichernden Landwirtschaft in Simbabwe aus.

Die Landreform führte zu einer radikalen Umverteilung von Landflächen. Zwar wurde das Land der enteigneten weißen Farmer auch an Kleinbauern vergeben, in größerem Maßstab profitierten aber vor allem Freunde und regimetreue Wegbegleiter Mugabes. Den Kleinbauern, die Land erhielten, fehlte es danach an Unterstützung und Agrarberatung.
Aufgrund des mangels an Fachwissen und Arbeitern auf den größeren Farmen sank so die landwirtschaftliche Produktion bis 2003 auf nur 10 % der ursprünglichen Leistung. Bis heute sind 96 % der simbabwischen Bodenflächen in Staatshand und nicht übertragbar. Dies hat wiederum zur Folge, dass die Menschen keine Sicherheiten haben, um bei der Bank Kredite beantragen zu können.


Hausgemachte Inflation und Vetternwirtschaft

Fehlende Nahrungsmittel mussten nach der Landreform importiert werden, bis die Staatskassen leer waren. Um diesem Zustand Abhilfe zu schaffen, ließ Mugabe einfach neues Geld nachdrucken. So kam es zu einer selbstgemachten Inflation, die im Jahre 2008 einen Höchststand von 230 Mio. (!) % betrug.

Zeitgleich „hat die Regierung übereifrig die ökonomische Liberalisierung vorangetrieben in der Hoffnung, die produzierende Wirtschaft würde wachsen und dazu beitragen, die Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen. Es wurde allerdings schnell deutlich, dass es eine gewisse Spannung gab zwischen dem staatlichen Sparkurs und dem Ziel, Wohlstand zu schaffen. Denn die Einsparungen wirkten sich unmittelbar negativ auf die Nachfrage aus, beeinträchtigten Wachstum sowie Beschäftigung und führten zu höherer Armut.“ [Zimbabwe im Fokus, Juli 2021, S. 9] U.a. wurde wieder Schulgebühren eingeführt, sodass der Zugang zu Bildung von nun an erneut vielen verwehrt blieb.
Hintergrund zum Goldabbau in Simbabwe

 

Alltag im Land ohne Wasser

Die Wasserversorgung ist eines der größten Probleme Simbabwes. Aufgrund von immer länger anhaltenden Dürrezeiten fehlt es an Wasser für Mensch, Tier und Natur, gerade auf dem Land. In den Städten führen marode sanitäre Infrastrukturen immer wieder zu Ausbrüchen von Cholera, Typhus oder anderen Seuchen. Selbst das Wasser aus neueren Bohrlöchern ist meist verunreinigt und sollte nicht getrunken werden. Wer es sich leisten kann, trinkt Wasser aus dem Supermarkt.

Folglich ist auch das überlebenswichtige Betreiben von Landwirtschaft schwierig und die Menschen ringen nach Lösungen. Dabei unterstützt sie die ASW, wie z.B. unseren Partner Dabane Trust. Die Arbeit von Dabane Trust


Frauenrechte in Simbabwe

Die Hauptleidtragenden von Armut sind immer Frauen. Dank vieler zivilgesellschaftlicher Initiativen werden die Probleme von Frauen in Simbabwe vermehrt wahrgenommen und bekämpft. Seit 2016 sind zum Beispiel Kinderehen per Gesetz verboten. Trotzdem werden noch viele Mädchen unter 18 Jahren verheiratet, um einen als Aussteuer getarnten Brautpreis zu erzielen, damit ganze Familien wieder für eine Zeit lang versorgt sein können. Mangelnde Bildung und Hygieneversorgung begünstigen diesen Zustand. So können sich viele junge Frauen nicht einmal Hygieneartikel während ihrer Menstruation leisten. Häufig lassen sie sich dann von Männern aushalten, um der Isolation aus dem Weg zu gehen und weiter die Schule besuchen zu können. Viele von ihnen werden so ungewollt und viel zu früh schwanger. Das stigmatisiertdie Mädchen noch einmal zusätzlich. Unser Partner WAP hat sich lange damit auseinandergesetzt und als eine Lösung gegen Kinderehen ein Programm entwickelt, in dem mit kleinen Investitionen ein Grundeinkommen erwirtschaftet werden kann. Die Arbeit von WAP

Weitere Informationen zu den Frauenrechten in Simbabwe können Sie in unserem Interview mit einer unserer Partnerinnen nachlesen.


Queeres Leben in Simbabwe

In Simbabwe ist die LGBTQI+-Gemeinschaft in hohem Maße Übergriffen ausgesetzt. In der gemeinsamen Stellungnahme von GALZ (einer Vereinigung für LGBTI-Personen in Simbabwe) und dem Zentrum für sexuelle Rechte (SRC) zur allgemeinen regelmäßigen Überprüfung (UPR), Bericht 2016, heißt es: "Die Kriminalisierung in Verbindung mit staatlich geförderter Hassrede hat dazu geführt, dass LGBTQI-Personen stark stigmatisiert und beim Zugang bspw. zu Gesundheitsdiensten diskriminiert werden. Sie sind der Gefahr willkürlicher Verhaftungen, Polizeirazzien, Folter und staatlich sanktionierter Gewalt ausgesetzt. Darüber hinaus verbietet die Verfassung Simbabwes, die am 22. Mai 2013 in Kraft getreten ist, weiterhin ausdrücklich gleichgeschlechtliche Ehen".
Es ist offensichtlich, dass die Gesetzgebung den Hass und die Gewalt gegen die LGBTQI-Gemeinschaft in der Gesellschaft fördert. Auch hier arbeitet die ASW mit einem starken Partner zusammen, um den betroffenen Personen Schutzräume für Heilung und Austausch zu gewährleisten. Die Arbeit des ASW-Partners Purple Hand Africa